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Wer ist Ales Bjaljazki?

Nasha Niva stellt den belarussischen Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki vor. Der Gründer der Menschenrechtsorganisation Wjasna hat sich bereits in den 1980er Jahren für Freiheit und Menschenrechte eingesetzt. Wjasna wurde 2003 die Registrierung entzogen, Bjaljazki selbst sitzt seit 2021 in Haft. Die belarussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch mahnte an, „ein solcher Mensch darf nicht im Gefängnis sein, das ist eine Erniedrigung sowohl für das Volk als auch für die Staatsmacht selbst, falls sie das versteht“.

Das Nobelkomitee aus Oslo hatte am Freitagmittag, 7. Oktober, seine Entscheidung verkündet: Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an den Belarussen Bjaljazki und an die Menschenrechtsorganisationen Center for Civil Liberties (Ukraine) und Memorial (Russland). 

Источник Nasha Niva

Der belarussische Menschenrechtler Ales Bjaljazki / Foto © Nasha Niva

Ales Bjaljazki ist 60 Jahre alt [geboren am 25. September 1962 – dek]. Sein Vater kam aus dem Rajon Rahatschou in der Oblast Homel, seine Mutter aus Naroulja im gleichen Gebiet. Ales Bjaljazki wurde jedoch in Karelien geboren. Wie kam es dazu? Die Familie war 1940 dort hingezogen, gleich nach dem sowjetisch-finnischen Krieg. In Belarus herrschte damals große Armut, und in Karelien gab es praktisch keine Kolchosen, rundum viel Wald und Verdienstmöglichkeiten, es war fast ein Paradies. Bjaljazkis Großvater hatte deshalb das Angebot, dorthin zu gehen, angenommen. Letztlich ist die Familie erst 1964 nach Belarus zurückgekehrt, als Ales zwei Jahre alt war.

Seine Eltern konnten sich lange nicht zwischen zwei Städten entscheiden, die damals aufgebaut wurden, zwischen Swetlahorsk und Salihorsk. Die Wahl fiel schließlich auf erstere, in Swetlahorsk verbrachte der Menschenrechtler seine Kindheit.

Schließlich studierte Ales Bjaljazki belarussische Philologie an der Universität Homel. Dort bildete sich eine belarussischsprachige Gruppe, zu der auch Anatol Sys und Sjarhej Sys (sie sind nicht verwandt), Eduard Akulin und Anatol Kaslou gehörten. In jener Zeit reiste Bjaljazki viel in Belarus umher. Und die größte Entdeckung bestand für ihn darin, dass „die belarussische Sprache weiterlebt“. 

Bjaljazki und die Band Baski / Foto © Nasha Niva/privat

Während des Studiums spielte er als Gitarrist in der Band Baski und lernte schließlich auch seine spätere Frau Natalja kennen, 1981 in der Stadt Lojeu, als Verwandte von Natalja heirateten. Natalja und Ales Bjaljazki schlossen 1987 den Bund fürs Leben. Bis dahin hatte Bjaljazki schon als Lehrer im Rajon Leltschyzy gearbeitet und seinen Wehrdienst in Jekaterinburg (damals Swerdlowsk) abgeleistet.

Ales Bjaljazki war unter denjenigen, die die ersten offiziellen Demonstrationen in der Belarussischen Sowjetrepublik organisierten, darunter die berühmte Demonstration in Minsk am 30. Oktober 1988. Als die Demonstration auseinandergejagt wurde, zerissen sie seine Jackenärmel, Bjaljazki wurde aber nicht festgenommen.
Bjaljazki in jungen Jahren / Foto © Nasha Niva/privat
Lange Zeit entwickelte sich Bjaljazkis Karriere in Richtung Schriftstellerei: Er veröffentlichte zahlreiche literaturwissenschaftliche Beiträge und war einer der Begründer von Tuteischyja, einer Vereinigung junger Literaten. 1988 wurde er Direktor des Maxim-Bahdanowitsch-Literaturmuseums.

Ales Bjaljazki war außerdem Mitglied des Organisationskomitees der Belarussischen Volksfront (BNF). 1991 wurde er Abgeordneter im Minsker Stadtrat. Am Tag des Putsches des Staatskomitees für den Ausnahmezustand (GkTschP) im August 1991 veröffentlichte er zusammen mit 28 weiteren Abgeordneten eine mutige Erklärung mit dem Aufruf, „der rechtmäßig gewählten Regierung die Treue zu halten“.

Die Menschenrechtsorganisation Wjasna

1996 gründet Bjaljazki das Menschenrechtszentrum Wjasna-96. Bereits damals, vor 25 Jahren, brauchten immer mehr Menschen, die unter dem Vorgehen der Regierung gelitten haben, Unterstützung – juristische, psychologische und jedwede andere Hilfe. 

Wjasna war sogar offiziell registriert, auch wenn das heute schwer zu glauben ist, 2003 wurde diese Registrierung per Gerichtsbeschluss entzogen. Die Wahlbeobachtung bei den Präsidentschaftswahlen 2001 hatte das Faß zum Überlaufen gebracht. 
Das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen befand, dass die belarussische Regierung mit der Auflösung von Wjasna internationale Abkommen verletzt hat. Offizielle Stellen in Minsk erwiderten darauf aber, dass solche Ansichten lediglich „Empfehlungen“ seien.
2006 überreichte Václav Havel den Homo-Homini-Preis an Ales Bjaljazki und würdigte damit dessen Menschenrechtsarbeit. Von 2007 bis 2016 war Bjaljazki auch Vizepräsident der Internationalen Föderation der Menschenrechtsorganisationen (FIDH).

Strafverfahren und Haft

Das erste Strafverfahren gegen Bjaljazki wurde 2011 eröffnet, wegen angeblicher Steuerhinterziehung in besonders großem Umfang. Die belarussischen Behörden hatten damals von den Bankkonten erfahren, die Wjasna in Litauen hatte. Diese Gelder waren jedoch nicht in Bjaljazkis Taschen gewandert, sondern wurden für die Arbeit der Organisation verwendet. Bjaljazki wurde zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Seine Aussagen während der Ermittlungen und vor Gericht machte Bjaljazki auf Belarussisch, für ihn eine Frage des Prinzips.

Seine Strafe verbrachte Bjaljazki in einer Haftanstalt bei Babruisk, wo er in einer Nähwerkstatt arbeitete. Während seiner Inhaftierung wurde der belarussische Menschenrechtler mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert, und der norwegischen Presse zufolge galt Bjaljazki immer wieder als einer der Favoriten.

Bjaljazkis Haft dauerte knapp drei Jahre. Im Juni 2014 kam er aufgrund einer Amnestie frei. Pawel Schabeka, ein Oberstleutnant des Strafermittlungskomitees, bekannte später seine Schuld bei der politische Verfolgung Bjaljazkis. 

Ales Bjaljazki pflegte während seiner Haft einen aktiven Briefwechsel, sämtliche Briefe nahm er bei seiner Freilassung mit. Es gelang ihm auch, Manuskripte für mehrere Bücher zu verfassen, die er nach seiner Freilassung veröffentlichte. Und er setzte seine Menschenrechtsarbeit fort. Er hatte vielfach die Möglichkeit auszuwandern oder nach Auslandsreisen nicht nach Belarus zurückzukehren. Doch ein ums andere Mal kam er nach Minsk zurück, obwohl er sehr genau wusste, was ihn dort erwarten könnte.

Ales Bjaljazki nennt als seine Hobbys Pilze suchen und Blumenzucht. Auf der Datscha baut er Kartoffeln, Gurken und anderes Gemüse an. Er hat einen Sohn namens Adam, der 2021 wegen eines Einzelpikets für die verurteilten Journalistinnen von Belsat festgenommen, verprügelt und für 15 Tage ins Okrestina-Gefängnis kam.

Erneute Festnahme 2021

Am 14. Juli 2021 wurde Ales Bjaljazki erneut festgenommen. Er befindet sich derzeit im Gefängnis, ihm wird „Schmuggel“ (§ 228 des belarussischen Strafgesetzbuches) und die „Finanzierung von gemeinschaftlichen Handlungen, die die öffentliche Ordnung in grober Weise verletzen“ (§ 342 Abs. 2) vorgeworfen.

Zusammen mit Bjaljazki mussten auch andere Mitarbeiter von Wjasna hinter Gitter: der stellvertretende Leiter Waljanzin Stefanowitsch und der Koordinator der Kampagne Menschenrechtler für freie Wahlen Uladsimir Labkowitsch.

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Memorial

Der Friedensnobelpreis 2022 geht an den Menschenrechtler Ales Bjaljazki aus Belarus, das ukrainische Center for Civil Liberties und an Memorial. Manuela Putz über die russische Menschenrechtsorganisation, die sich seit der Perestroika für die historische Aufarbeitung politischer Repressionen einsetzt.

Гнозы
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Wjasna (Menschenrechtsorganisation)

Wjasna (dt. Frühling) ist eine belarussische Menschenrechtsorganisation. Sie spielt eine wichtige Rolle für die Dokumentation und Aufklärung aller möglichen Verletzungen von Menschen- und Grundrechten in Belarus. Die Organisation war in der Vergangenheit immer wieder in Ziel von staatlichen Repressionen. Sie wurde 1996 von Ales Bjaljazki (geb. 1962) gegründet und seitdem vielfach für ihre Arbeit ausgezeichnet. Bjaljazki selbst, der 2011 wegen angeblicher Steuerhinterziehung zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, erhält 2022 den Friedensnobelpreis. Auch die ukrainische Menschenrechtsorganisation Center for Civil Liberties und die russische Menschenrechtsorganisation Memorial werden mit dem Preis ausgezeichnet, wie das Nobelkomitee in Oslo im Oktober 2022 bekannt gab.

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