Unser Titelbild für diesen Monat stammt von der Moskauer Fotografin Olga Ludvig. Es zeigt die Metrostation Nowojassenewskaja, die Endstation der Metrolinie 6 im Süden Moskaus. Der auf der Fotografie abgebildete neue Pavillon des nördlichen Eingangsbereichs, eine Konstruktion aus Edelstahl und Glas, wurde 2014 eröffnet.
Quelle
Die Moskauer Metro ist als Verkehrsmittel für die Stadt von lebenswichtiger Bedeutung, sie befördert pro Tag 6,7 Millionen Passagiere (zum Vergleich die Berliner U-Bahn: 1,4 Millionen). Zugleich ist sie ein prägendes architektonisches und urbanes Kulturgut. Die stille Atmosphäre einer Winternacht, wie hier von der Fotografin eingefangen, erlebt der Metro-Reisende nur selten, zur Zeit der ersten und der allerletzten Züge. Die Metro verbindet Menschen, indem sie sie in einem Tunnel in Bewegung versetzt, der dekoder, indem er ihre Worte und Gedanken durch Sprachbarrieren hindurchtunnelt.
Tanzen, trinken, rauchen, küssen. Fröhlichkeit oder Frustration, Selbstsuche oder Selbstvergessen? Ein junger Fotograf dokumentiert die Moskauer Nacht (Archiv-Text).
Die heutige Bildübersättigung lässt uns oft vergessen, wie selten und für den normalen alltäglichen Gebrauch unzugänglich Bilder vor dem 16. Jahrhundert waren. Die „Revolution des Bildes“ setzte erst mit der Entstehung von Reproduktionstechniken wie Holzstichen, Kupferstichen und Radierungen ein.1 Ebenfalls in die Reihe dieser Techniken gehört die russische Tradition des Volksbilderbogens, der unter der Bezeichnung Lubok bekannt ist.
Der Einblattdruck, der meistens von Hand koloriert wurde, bekam seinen Namen vermutlich von den Tragekörben aus Lindenrinde, Lubok, in denen die Verkäufer die Bilderbögen transportierten. Eine weitere Theorie führt den Namen auf die Herstellungsmethode zurück: Früher wurde in Russland Lindenbast, die etwas weichere und nachgiebigere Schicht unter der Rinde, zum Schreiben und wohl auch zur Anfertigung der Bilderbögen verwendet.2 Im übertragenen alltäglichen Sinne kann der Begriff Lubok oder das Adjektiv lubotschny heute auch für Dinge benutzt werden, die als plump, vulgär oder unbeholfen gelten.
Die genaue Entstehung des russischen Volksbilderbogens liegt für die Forscher im Dunkeln. Die frühesten Blätter werden auf das 17. Jahrhundert datiert. Die ersten Motive waren religiöser Natur, so dass man sie auch häufig „Papierikonen“ nannte. Die Ursprünge des Luboks liegen in der ausländischen und höfischen Kultur, da die meist anonymen Lubok-Künstler sich an ausländischen Vorbildern orientierten. Die Forscher weisen hier zum Beispiel auf die Vorbildfunktionen der Illustrationen aus der Lutherbibel oder Illustrationen und Bilderbögen aus Deutschland, den Niederlanden und Skandinavien hin. Somit ist die Geschichte des russischen Volksbilderbogens auch eine Geschichte der Transformationen, der Synthese und des kulturellen Austauschs.3
Im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der Lubok als Holzschnitt gefertigt. Ab den 1860er Jahren verbreitete sich die schnellere und genauere Technik der Metallgravur (Stich und Radierung). Die Motive veränderten sich im Laufe der Zeit, und infolge der günstigeren Herstellungstechnik wurden die Lubki im 19. Jahrhundert zunehmend auch auf dem Land verkauft. Sie wurden häufig an den Wänden der Hütten aufgehängt. Zu jedem Zeitpunkt handelte es sich aber um ein Produkt, das alle Verbraucherschichten vom Bauern bis zu den Provinzadligen erreichte.4
Die Themenvielfalt war enorm, sie bewegte sich zwischen Witz und Satire, Ikonen, Lehre und Romanen, Sagen und Heldenlegenden, Tugenden und Lastern.5 Einen großen Aufschwung erfuhren die Bilderbögen 1812 während des Krieges gegen Napoleon und während des Russisch-Japanischen Krieges 1905. Die humoristische Darstellung des Feindes auf zahlreichen Lubki hatte eine große propagandistische und mobilisierende Wirkung.6
Was ist aber das Besondere an dieser Kunstgattung? Erstens liegt die Besonderheit der Lubki, so der berühmte russische Theoretiker Juri Lotman, in ihrer Nähe zum Theatralischen. Ein Lubok bewegt sich zwischen mündlicher und schriftlicher Kultur. Beim Betrachten entsteht eine dynamische, beinahe spielend-nachempfindende Komponente, ähnlich der eines Kindes beim Spielen mit Bildern oder Spielzeug. Zweitens besteht in einem Lubok ein spezifisches Verhältnis zwischen Bild und Text. Die Texte sind keine bloßen Beschreibungen oder Überschriften, sondern sind häufig schwer verständlich oder stehen sogar im deutlichen Gegensatz zu den dargestellten Szenen. Der Text dient, so Lotman, als eine szenische Vertiefung des eigentlichen Bildes.7
Die Kunstform des Lubok hat vor allem die russischen Künstler der Avantgarde wie zum Beispiel Malewitsch und Maler wie Kandinsky und Chagall beeinflusst. Auch heute ist die Verbindung zu den Volksbilderbögen im kulturellen Gedächtnis und im künstlerischen Schaffen Russlands ungebrochen, wie unter anderem die Bilder des satirischen Malers und Grafikers Wasja Loshkin zeigen8.
1.vgl. Burke, Peter (2003). Augenzeugenschaft: Bilder als historische Quelle, Berlin, S. 18f
2.vgl. Danilowa, Irina (1962). Der russische Volksbilderbogen, Dresden. oder: Ziel, Wulfhild (1998). Der russische Volksbilderbogen in Bild und Text: Ein kultur- und kunsthistorisches Intermedium, Frankfurt am Main. oder: Ovsjannikov, Jurij M. (1968). Lubok: russkie narodnye kartinki XVII - XVIII vv. The Lubok, Moskau
3.vgl. Pesenti, Maria Chiara (2015). Das Anekdotische im Lubok - interkulturelle Beziehungen, in: Vanja, Konrad; Lorenz, Detlef (Hrsg.): Arbeitskreis Bild Druck Papier: Tagungsband Bergamin 2014, Münster, S. 34-51
4.vgl. Sokolov, Boris (1999). Zum Stand der russischen Bilderbogenforschung. Der Volksbilderbogen als Erscheinung der russischen Kultur, in: Peiske, Christa; Ziehe, Irene (Hrsg.): Arbeitskreis Bild Druck Papier: Tagungsband Chemnitz 1997, Münster, S. 45-53. oder: Rejtlblat, A. I. (2000): Čto nes s bazara russkij narod. Lubok v issledovanijach poslednich let, in: NLO (44/2000)
5.für genauere Kategorien siehe Rovinski, D. (1881). Russkie narodnye kartinki, Moskau. Lubki wurden nie systematisch gesammelt, außer von einigen Privatpersonen wie Rowinski, und befinden sich heute verstreut in zahlreichen russischen Archiven und Bibliotheken
6.vgl. Norris, Stephen M. (2006). A War of Images: Russian popular prints, wartime culture and national identity 1812-1945, DeKalb (III. 2006). oder: Višlenkova, Elena (2011). Vizual'noe narodovedenije imperii ili "Uvidet' russkogo dano ne každomu", Moskau
7.grundlegend siehe dazu: Lotman, Jurij (2002). Chudožestvennaja priroda russkich narodnych kartinok, in: ebd.: Stat'i po semiotike kul'tury i iskusstva, Moskau, S. 322-339. Für eine deutsche Version des Textes siehe: Lotman, Jurij (1985). Die künstlerische Natur der russischen Volksbilderbögen, in: Till, Wolfgang (Hrsg.): Lubok. Der russische Volksbilderbogen. Städtisches Reiss-Museum Mannheim, 23. September bis 27. Oktober 1985. Münchner Stadtmuseum, 8. November 1985 bis 6. Januar 1986, München, S. 21–34. Ebenfalls aufschlussreich: Koschmal, Walter (1989). Der russische Volksbilderbogen: Von der Religion zum Theater, München
Walenki sind nahtlose, in einem Stück gefertigte Filzstiefel aus Schafswolle. Sie halten auch bei großer Kälte warm und gelten deshalb als ideales Winterschuhwerk für die trockenen russischen Winter. Walenki werden als ein Symbol traditioneller russischer Kultur betrachtet, heute aber in erster Linie mit dem Landleben assoziiert.
Als Samogon bezeichnet man einen in häuslicher Eigenproduktion und für den Eigenbedarf hergestellten Schnaps. Grundlage bildet eine Maische, die in der Regel aus Kartoffeln, Früchten, Zucker oder Getreideprodukten besteht und in selbstgebauten Anlagen destilliert wird. Vor allem in den Übergangsphasen vom Zarenreich zur Sowjetunion und später während der Perestroika war der Samogon, der inzwischen fest zur russischen Alltagskultur zählt, weit verbreitet.
Der Tag des Sieges wird in den meisten Nachfolgestaaten der UdSSR sowie in Israel am 9. Mai gefeiert. Er erinnert an den Sieg der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland und ist in Russland inzwischen der wichtigste Nationalfeiertag. Der 9. Mai ist nicht nur staatlicher Gedenktag, sondern wird traditionell auch als Volks- und Familienfest begangen.
Im Reich der Tiere ist eine seit 1968 existierende Fernsehsendung, die sich der Erforschung der Tierwelt und der Tierkunde widmet. Von der bereits in der Sowjetunion sehr populären Sendung, die bis heute läuft, wurden bislang mehr als 1.300 Folgen ausgestrahlt.
Der Park des Sieges ist eine Gedenkstätte im Westen Moskaus. Auf dem weiträumigen Gelände befinden sich zahlreiche Statuen und Denkmäler, ein Museum sowie weitere Sehenswürdigkeiten, die an den Großen Vaterländischen Krieg erinnern. Die Parkalage hat sich nicht nur zu einem zentralen Gedächtnisort für die Feierlichkeiten am 9. Mai entwickelt, sondern ist auch als Touristenattraktion und Erholungspark bei den Moskauern sehr beliebt.
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