Quelle

Doshd

Doshd

Doshd (TV Rain) ist ein unabhängiger TV-Sender mit kremlkritischem Profil. Kurz nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stellte er sein Programm komplett ein, die Mitarbeiter verließen Russland. Seit Mitte Juli 2022 sendet Doshd wieder aus dem Exil.

Der Sender gehörte bis zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine zur gleichnamigen Medien-Holding mit Sitz in Moskau, zu der auch die Online-Zeitschriften Bolschoi Gorod und Republic (ehemals Slon) zählten. Eigentümerin der Doshd-Holding und Gründerin des Fernsehkanals Doshd ist Natalja Sindejewa. 

Der Sender finanzierte sich durch Abonnements seiner Zuschauer. In der Berichterstattung nahmen politische Themen und Diskussionen großen Raum ein, es wurden jedoch auch Dokumentationen und experimentelle künstlerische Inhalte gezeigt.

Doshd begann zunächst als reines Internet-Angebot, war in einigen Teilen des Landes jedoch bald auch über Satellit und Kabel zu empfangen. Dies änderte sich 2014, als sich der Sender im Zentrum eines landesweiten Skandals wiederfand: Im Vorfeld des 70. Jahrestags der Leningrader Blockade durch die Wehrmacht hatte Doshd seinen Zuschauern in einer Sendung die Frage gestellt, ob „es notwendig war, Leningrad aufzugeben, um hunderttausende Leben zu retten“ (während der Leningrader Blockade kamen über eine Million Menschen um). Die Frage löste einen landesweiten Skandal aus, die meisten Kabelnetzbetreiber sowie Provider von Satelliten-Fernsehen stellten daraufhin ihre Zusammenarbeit mit Doshd ein. Der Sender musste auch seine Redaktionsräume verlassen.

Seit diesem Vorfall gab es immer wieder Berichte darüber, dass Doshd unter politischem Druck stehe. Im August 2021 hat das russische Justizministerium den Sender zum sogenannten „ausländischen Agenten“ erklärt. Neben Doshd kamen viele weitere unabhängige Medien die Liste, schon zuvor hatte das Justizministerium die Online-Medien Meduza, VTimes, The Insider sowie Mitarbeiter von Projekt als „Agenten“ gelistet.

Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die russische Medienaufsicht am 1. März 2022 angeordnet, Doshd zu sperren. Einen Tag später teilte Chefredakteur Tichon Dsjadko auf Telegram mit, dass er sowie weitere Mitarbeiter Russland verlassen. Ihre „persönliche Sicherheit ist bedroht“. Am 3. März erklärte Doshd-Gründerin Natalja Sindejewa, dass der Sender seine Arbeit vorübergehend einstellt.

Am 18. Juli 2022 kündigte Doshd schließlich die Wiederaufnahme seiner Arbeit aus dem Exil heraus an – zunächst seien einzelne Sendungen über Youtube geplant, die erste davon am 18. Juli abends. Im Interview mit Holod erklärte Sindejewa, dass der Sender voraussichtlich im Herbst wieder ein volles Programm starte.

Eckdaten:

Gegründet: 2008, online seit 2010
Chefredakteur: Tichon Dsjadko
Herausgeber: OOO Doshd
URL: www.tvrain.ru

Gnosen

im Gnosmos

als Text

im Gnosmos

als Text

Neueste Gnosen
Gnose

Jewgeni Prigoshin

Vom Leningrader Kriminellen zum zentralen Akteur im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Anton Himmelspach über den Putin-Vertrauten Prigoshin, der als Chef der Söldnergruppe Wagner gilt.

Gnose

Deutschrap und der russische Krieg gegen die Ukraine

Capital Bra, Kalazh44, Olexesh … – Rapper ukrainischer und russischer Herkunft sind in Deutschland heute so populär wie nie zuvor. Sie stürmen die Charts und sind in aller Munde. Wenn es jedoch um politische Aussagen ihrer Musik geht, wird die Lage kompliziert. Denn in ihren Songs verhandeln sie Identitäten auch, wenn es um Russlands Angriffskrieg in der Ukraine geht.

Gnose Belarus

Heldenstadt Minsk

Sowjetische Heldenstadt, Machtzentrum von Alexander Lukaschenko, Schauplatz der Freiheitsproteste von 2020: Die belarussische Hauptstadt Minsk steht heute vor allem für die Kontraste in der autoritären Republik Belarus. Dabei blickt die Stadt auf eine tausendjährige Geschichte zurück. Thomas M. Bohn zieht den Bogen von der kleinen Marktgemeinde zur Metropole. 

Gnose

Ilja Jaschin

Achteinhalb Jahre Haft – so lautet das Urteil gegen den russischen Oppositionellen Ilja Jaschin. Er hat es kommen sehen und sich dennoch entschieden, in Russland zu bleiben – und gegen den Krieg in der Ukraine einzutreten. Morvan Lallouet stellt ihn vor.

Die Beziehungen zwischen Belarus und der Ukraine seit 1991

Belarus und die Ukraine pflegten lange gute, weitgehend konfliktfreie Kontakte. Nicht einmal die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim konnte das nachhaltig eintrüben – obwohl der belarussische Machthaber Lukaschenko an der Seite des Kreml blieb. Doch seither ist viel passiert: Die russische Invasion der Ukraine hat die Beziehungen zwischen Minsk und Kyjiw nun in ihren Grundfesten erschüttert.

Gnose Ukraine

Serhij Zhadan

Serhij Zhadan hat sich als eine der wichtigsten Stimmen in der ukrainischen Literatur etabliert. Im Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, organisiert er Hilfsgüter und gibt Konzerte. Was treibt ihn an, wo liegen seine literarischen Wurzeln, wie lässt sich sein Werk vor dem Hintergrund gesellschaftspolitischer Ereignisse verstehen? Kateryna Stetsevych über den Mann, der in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wird.

Gnose

Russland und die Türkei

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind die Beziehungen zum NATO-Mitglied Türkei für den Kreml besonders wichtig. Wo diese Partnerschaft ihre Grenzen hat und warum eine antiwestliche Allianz beider Länder unwahrscheinlich ist, das erläutert Daria Isachenko. 

Gnose Belarus

Francisk Skorina

Bibeldrucker, Unternehmer, der Johannes Gutenberg der Ostslawen: Francisk Skorina ist für Belarusen ein wichtiger Teil ihrer kulturellen Identität. Marion Rutz über den europäischen Grenzgänger, der die erste ostslawische Bibel druckte und außerdem das erste Druckwerk im Großfürstentum Litauen schuf – das jetzt zum 500. Jahrestag gefeiert wird. 

Gnose

Echo Moskwy

Am 22. August 1990 geht Echo Moskwy als erster unabhängiger Radiosender der Sowjetunion auf Sendung. Am Abend des 1. März 2022 wird er abgeschaltet und seine Website gesperrt. Eva Binder über den legendären Radiosender, dessen Aus symbolisch für das Ende einer Epoche steht. 

Gnose

Politische Talkshows

Russische Polit-Talkshows hatten einmal den Anspruch, auch selbstkritischen innenpolitischen Diskussionen ein Forum zu bieten. Heute stehen siе für bewusst provozierte Skandale, polternde Moderatoren und das Pflegen von Feindbildern – insbesondere im Krieg gegen die Ukraine. Magdalena Kaltseis über Ursprung, Wandel und Gegenwart eines populären russischen TV-Formats. 

It must be beautiful, © Alexandra Soldatova (All rights reserved)