Ende August 2025 hat bei Kyjiw der neue Nationale militärische Gedenkfriedhof der Ukraine eröffnet. Bis Oktober sind bereits mehr als 100 gefallene Ukrainer:innen hier beerdigt. Frontliner berichtet in einer Reportage über das neue Memorial, die gesellschaftlichen Debatten und individuellen Schwierigkeiten für Angehörige, wenn es um würdige Begräbnisse für gefallene Verteidiger:innen des Landes geht. Eine Leseempfehlung aus der dekoder-Redaktion.
Russlands Krieg gegen die Ukraine sorgt für unzählige Tode. In der Ukraine sind seit Februar 2022 auf den Friedhöfen des Landes spezielle Teilflächen für die Gräber gefallener Soldat:innen abgesteckt worden. Ist man im Land unterwegs, sieht man diese Militärgräber oft noch in der Ferne als gelb-blaue Flaggenmeere an Dorf- und Stadträndern. International bekannt geworden ist das Lwiwer „Marsfeld“ neben dem altehrwürdigen Lytschakiw-Friedhof. Das hier eingerichtete Ehrenfeld für gefallene ukrainische Soldat:innen ist mittlerweile voller Gräber, die westukrainische Stadt muss neue Flächen finden.
Seit Sommer 2025 gibt es nun im Südosten von Kyjiw einen neuen Nationalen Gedenkfriedhof für Ukrainer:innen, die im Verteidigungskampf gegen Russland gefallen sind. In den ersten zwei Monaten sind hier bereits mehr als 100 neue Ehrengräber entstanden, darunter auch für nicht identifizierte Gefallene sowie im Einsatz Getötete, von denen nur noch einzelne Körperteile oder gar nur persönliche Gegenstände geborgen und beerdigt werden konnten. In jedem Fall bekommt jede:r hier beerdigte ukrainische Soldat:in eine Begräbniszeremonie mit allen militärischen Ehren.
Das ukrainische Kriegsreportagen-Portal Frontliner berichtet (auch auf Englisch) in einer ausführlichen Reportage in Text und Fotos von diesem besonderen und umstrittenen Begräbnisort für ukrainische Soldat:innen.

Skeptische Nachbarn, kritische Veteranen
Der gesamte Memorial-Komplex ist ausgelegt für 100.000 Ehrengräber. Laut einer Sprecherin der Gedenkstätte rechne man auch in fernerer Zukunft mit Anfragen Angehöriger von ukrainischen Veteran:innen, die nach einem möglichen Kriegsende sterben werden. Doch zunächst werden hier nur im Kriegseinsatz Gefallene beerdigt.
Das Memorial liegt nahe dem Dorf Marchaliwka. Als die Baupläne für den neuen Ehrenfriedhof im Frühjahr 2024 publik wurden, schlossen sich hier Anwohner zu einer Protest-Initiative zusammen. Bis heute verfolgen sie die Bauarbeiten und Trauerfeiern. Sie sorgen sich, wie ein Aktivist gegenüber Frontliner sagt, um zerstörtes Naturschutzgebiet, negative Auswirkungen auf die Umwelt und bezweifeln, dass der morastige Boden als stabiler Baugrund für solch ein Memorial dienen könne.
Im Frühjahr dieses Jahres kritisierten auch ukrainische Soldat:innen das Gedenkstätten-Projekt, ein Veteran ging sogar im Zentrum Kyjiws in Hungerstreik.
Dass eine nationale Gedenkstätte für im Russisch-Ukrainischen Krieg gefallene ukrainische Soldat:innen entstehen soll, hatte die ukrainische Regierung bereits im Herbst 2022 beschlossen. 2023 habe man den vorgesehenen Ort geprüft und das Memorial geplant, erklärt indes ein Sprecher des Veteranen-Ministeriums.
Dringender Gräber-Bedarf
Den Kritikern gegenüber steht der große Bedarf an neuen Begräbnisorten, denn auf den bestehenden Städtischen Friedhöfen, die spezielle Ehrenfelder eingerichtet haben, ist schlicht kein Platz mehr. Aber auch dort, das erfuhr Frontliner von der Kyjiwer Stadtverwaltung, bemühe man sich um die Erschließung neuer Flächen.
Denn in Russlands Krieg gegen die Ukraine ist kein Ende in Sicht. Und die Angehörigen derjeniger, die das Land verteidigen und ihr Leben dafür geben, brauchen dringend angemessene Beerdigungs- und Gedenkorte.

Die ganze Frontliner-Reportage vom 22. Oktober 2025:
Wer verteidigt russische Kriegsverbrecher vor ukrainischen Gerichten? – Leseempfehlungen