
Janis* ist Soldat in der ukrainischen Armee. Geboren in einem baltischen* Staat, zog er als Kind mit seiner Familie nach Russland. Er wuchs dort auf, machte später Karriere – bis er sich nach Russlands Überfall auf Georgien entschied, in seine baltische Heimat zurückzukehren. 2014 demonstrierte er auf dem Euromaidan in Kyjiw und engagierte sich als Freiwilliger in der Ukraine. Nach Russlands vollumfänglicher Invasion trat er 2023 in die Fremdenlegion der ukrainischen Streitkräfte ein. Nachdem sein Jahresvertrag dort auslief, wechselte er in eine reguläre Einheit.
Wo die Unterschiede zwischen den Truppenteilen und wo welche Probleme liegen – darüber hat er mit Holod gesprochen. In seinem Monolog erklärt er außerdem, warum er nichts von der russischen Opposition hält und weshalb ein Waffenstillstand aus seiner Sicht eine schlechte Idee ist.
*Name und Geburtsort des Protagonisten sind aus Sicherheitsgründen geändert.
Im Jahr 1991 sind wir nach Russland umgesiedelt. Mein Großvater war Beamter und wir wurden in die Hauptstadt der sterbenden UdSSR versetzt. Ich habe lang in Moskau gelebt, war aber als junger Mensch recht apolitisch. Dann begann der Krieg in Georgien. Für mich war das ein Wendepunkt. Ich wusste durchaus etwas darüber, was in dem Land vor sich geht und in welche Richtung es sich bewegt.
Zu jener Zeit kannte ich mich bereits einigermaßen aus mit der Außenpolitik Russlands. Mir wurde klar, dass sich solche Geschichten wiederholen würden.
Diese Ereignisse haben mich letztendlich dazu gebracht, mich mit der Kultur meines Heimatlandes zu beschäftigen. Ich zog zurück in die Heimat, wobei meine Familie in Moskau blieb. Seit 2011 fuhr ich öfter in die Ukraine. Ich hatte dort Freunde und Bekannte. In Odessa haben wir ein Tonstudio aufgemacht, aber davon ist nichts mehr übrig. Es wurde durch eine russische Rakete in die Luft gejagt.
2012 fuhr ich nach Russland, ging während der Bolotnaja-Proteste zu einigen Demos. Ich verstand, warum die Russen das machten, und gleichzeitig war mir klar, dass man mit Aktionen nach dem Motto „Schenk einem Polizisten Blumen“ nichts erreicht.
Im Dezember 2013 kam ich nach Kyjiw und blieb dort. Russland schimpfte laut über Faschisten herum. Ich fuhr hin, um es mit eigenen Augen zu sehen, ich konnte keinerlei Faschisten entdecken, deshalb stellte ich mich auf die Seite der Ukraine.
Am 2. März 2014 spazierten wir mit Freunden über den Maidan. Da hatte Putin diese Aktion mit der Krym gerade erst begonnen, und ich meinte: Jetzt holt er sich die Krym. Und meine Freunde sagten zu mir: „Das kann doch nicht sein! Das wäre ein Bruch des Völkerrechts.“
Die Leute feierten den Sieg über Janukowytsch und waren irgendwie blind. Sie merkten nicht, dass sie jetzt in eine andere Richtung kämpfen müssen. Unter uns [Militärs] gibt es jetzt welche, die damals auf der Krym Dienst taten, und die sagen, dass sie die Russen aufrichtig als Brüder betrachteten, und deshalb nicht das Feuer eröffneten. Jetzt sind die natürlich enttäuscht.
Ich habe den Kontakt mit den meisten meiner Bekannten in Russland abgebrochen, als ich mich auf die Seite der Ukraine stellte.
Mein erster Freiwilligeneinsatz in der Ukraine war 2015: Ich transportierte mit Bekannten zusammen Wärmesichtgeräte und andere Ausrüstung für die Verteidiger des Donezker Flughafens; doch wir gerieten unter Beschuss und haben unser Ziel nicht erreicht. Allerdings konnten wir einen Teil der Ausrüstung trotzdem übergeben. Mir war völlig klar: Wenn Russland die Ukraine schluckt, wird mein Land das nächste sein.
Bald wurde der Krieg persönlich
Als Putin die Invasion offiziell bekanntgab, erwarteten wir nicht, dass es Kämpfe vor den Toren von Kyjiw geben würde. Wir bereiteten uns darauf vor, in den Donbas zu fahren, um Russlands Kriegsverbrechen zu dokumentieren.
Zuerst notierten wir Informationen über Kriegsverbrechen, und zwar nur das, was wir im Netz fanden. Wir prüften, verglichen, lernten mit OSINT zu arbeiten. Wir wollten aber mehr, deshalb suchten wir Bekannte, die uns helfen würden, in die Kontaktzone zu gelangen.
Unsere erste Fahrt war ein Misserfolg. Wir versuchten, nach Irpin durchzukommen, aber sie ließen uns nicht durch, weil vor uns ein Wagen mit Journalisten beschossen worden war. Dann baten uns Vertreter der OSZE, Verstöße in der Oblast Tschernihiw zu dokumentieren. Neben dem Auftrag der OSZE, Informationen zu sammeln, übernahmen wir auch humanitäre Funktionen. Während dieser Mission kam eine 18-jährige Freiwillige ums Leben. Ich kannte sie nicht persönlich, aber bei mir ist das ziemlich stark hängen geblieben. Dann kamen wir nach Tschernihiw, und in jener Zeit wurde auch die Geschichte in Butscha bekannt.
Wir versuchten, uns nach Mariupol durchzuschlagen, fuhren dann aber nach Cherson. Ein Bekannter dort hatte uns wegen des „Referendums“ alarmiert, das vorbereitet wurde, und um Hilfe gebeten. Am 27. April fand die letzte proukrainische Demonstration statt; sie wurde von den Russen mit Blendgranaten auseinandergejagt.
Zu dem Zeitpunkt wussten wir schon, wo sich das Foltergefängnis befindet. Wenn die Nachbarn über uns tuschelten, war uns klar, dass wir uns besser aus dem Staub machen.
Wir machten weiter, fuhren Medikamente nach Bachmut und steckten dort eine ganze Weile fest.
Parallel gab es persönliche Geschichten und Verluste. Ich sollte mich mit Oxana Baulina treffen, einer Journalistin von The Insider. Sie starb durch einen Raketenangriff in Kyjiw. Dann kam die Mutter eines engen Freundes in Serhijiwka durch eine Rakete ums Leben. Diese Menschen hatten nichts mit der Armee zu tun; dadurch wurde der Krieg für mich endgültig zu einer persönlichen Sache. Der Tropfen aber, der das Fass zum Überlaufen brachte, kam, als ich meine Verwandten auf den Listen derjenigen fand, die in den Kellern von Mariupol sitzen.
Die Möglichkeit, in die Internationale Legion der Territorialverteidigung der Ukraine zu gelangen, war für mich bis März 2023 keine Option. Als ich im Winter 2023 als Freiwilliger in Bachmut festsaß, gab es dort Jungs aus der Fremdenlegion; ich habe mehr darüber recherchiert und mich dann dafür entschieden.
Wenn du Russisch hörst, schießt du
Die Internationale Legion besteht zunächst einmal aus ehemaligen Staatsangehörigen der UdSSR. Dort haben sich größtenteils oppositionelle Kreise versammelt: Belarussen, die gegen Lukaschenka sind, Georgier, die Saakaschwili unterstützen; Tschetschenen, die entweder in Tschetschenien von den Schergen Kadyrows malträtiert wurden, oder solche, die schon früher ausgewandert sind.
„Echte“ Ausländer, also solche, die nicht aus der ehemaligen Sowjetunion kommen, gibt es in der Internationalen Legion höchstens einhundert. In unserer Einheit gibt es einen „vollwertigen“ Ausländer, eine Kanadierin. Ausländer aus der EU werden praktisch nicht mehr aufgenommen, weil sie nur schwierig ins Land gebracht werden können. Hinzu kommt, dass die meisten Ausländer nicht die Motivation haben, wirklich zu kämpfen.

Ich war in einer Einheit der Legion, die Teil der Kalinouski-Regiments war. Ein Teil sprach litauisch, die anderen sprachen überwiegend Russisch. Jetzt sind aber praktisch alle zum Ukrainischen übergegangen. Viele telefonieren mit der Familie natürlich auf Russisch; sie gehen dann einfach weiter weg [von den Kameraden].
Wir können zwar über Persönliches Russisch sprechen, im Dienst geht das aber nicht. Wenn du Russisch hörst, schießt du, Ende der Durchsage.
Du bist jene kleine Schraube, die hier gebraucht wird
Die Internationale Legion war in Bachmut aktiv. Und hier ergab sich auch meine Bekanntschaft mit den „Regulären“ [Angehörigen der regulären Streitkräfte der Ukraine – Holod]. Als mein Jahresvertrag mit der Legion auslief, wechselte ich in die reguläre Armee.
Dort ist es bequemer. Da wirst du nicht irgendwo hingezerrt, um irgendwelche Löcher zu stopfen. Die „Interleg“ [internationale Legion – Holod] organisiert den Jungs ja richtige Tourneen zu allen Frontabschnitten. Während ich dort diente, war ich mal Cherson, mal in Charkiw, in Luhansk, im Donbas; sogar in Russland habe ich „vorbeigeschaut“.
Mit „in Russland vorbeischauen“ meine ich die Operation der ukrainischen Streitkräfte bei Kursk. Als sie begann, wussten wir von nichts. Bis du die russischen Aufschriften siehst, hast du ja keine Ahnung, wo du jetzt bist. Wir wurden zu Besatzern, aber als wir auf russischem Boden standen, versuchten wir, die bestmöglichen Bedingungen für die lokale Bevölkerung zu schaffen.
Der Dienst gibt dir das Gefühl, dass von dir nur wenig abhängt, dass du aber jene kleine Schraube bist, die genau hier gebraucht wird. Das mag hart klingen, aber wenn du einen von uns wegnimmst, können 20 Mann von der anderen Seite durchschlüpfen, vorstoßen und dort Zivilisten umbringen.
Wenn du abdrehst, wirst du krankgeschrieben
Für mich gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen russischen und ukrainischen Soldaten. Die meisten Russen sind Söldner, deren Persönlichkeit noch nicht voll entwickelt ist und die loszogen, um für Geld zu töten.
Keinen der Ukrainer kann man einen Söldner nennen, weil wir einen mickrigen Sold bekommen. Die meisten von uns kämpfen, um den Staat und die Demokratie zu verteidigen. Meine Soldstufe ohne Kampfzuschläge, das sind 27.000 Hrywnja [550 Euro] im Monat.
Ein weiterer Unterschied ist die Haltung gegenüber den Menschen. Wir töten natürlich auch, aber an jedem von uns hängt mindestens eine Kamera. Das ist Vorschrift. Deswegen versuchst du dich zusammenzunehmen, selbst wenn du den gegenüber aufs Äußerste hasst.
Ja, es gibt schon mal Momente, dass bei einem die Sicherungen durchbrennen, und er jemandem ins Bein schießt.

Bei uns ist es so: Wenn du völlig abdrehst, wirst du einfach krankgeschrieben und kommst in die Klapse. Ich habe jetzt heftige Schlafstörungen, deswegen hocke ich jetzt auch nicht bei Pokrowsk. Ich wurde mit einigen anderen für drei Tage rausgekickt, um uns auszuschlafen.
Wenn das alles zu Ende ist – und ich denke, ich kann hier praktisch für alle sprechen –, werden wir uns wünschen, einfach für eine Zeit zu verschwinden, um uns wieder zu sammeln. Um wenigstens irgendwie rauszufinden: wie weiter im Leben, womit die Reha beginnen. Es wird aber auf keinen Fall den Wunsch geben, Söldner zu werden.
Ich finde es schade, dass wir unsere Erinnerung nicht auslöschen können. Ich habe zu viele Dinge gesehen, die mich an den Menschen enttäuscht haben. Den größeren Teil haben dazu die Russen beigetragen.
Die russischen Soldaten sind Gesindel wie in jeder Spelunke
In drei Jahren Krieg hat sich viel verändert. Wir schreiben mittlerweile weniger von unserem Hass – wir haben es satt. Am Anfang, wenn du erfährst, dass russische Soldaten da sind – und sie marodieren, vergewaltigen, bringen Leute um –, dann ist das ein Schock. Dann siehst du, wie sie die eigenen Leute umbringen, und das ist für dich auch ein Schock. Dann siehst du, wie sie eine Wanne an einem Motorrad festmachen und in ihr herumfahren. Für dich ein Schock. Mittlerweile weiß ich nicht mehr, was mich bei einem russischen Soldaten noch wundern könnte.
Wie kann man das absolut Böse hassen? Zu Beginn des Krieges bin ich unter den russischen Soldaten noch dem einen oder anderen begegnet, der normal war. Aber jetzt ist das keine Armee mehr. Das sind keine Soldaten, das ist Gesindel, wie du es in jeder Spelunke finden kannst.
Das sind Leute, die aus Ausweglosigkeit [in den Krieg] losziehen. Die überzeugten Leute sind weg. Oder es gibt dort arme Mobilisierte.

Das Heer ist eine Familie, Kontinuität. Wir haben Leute, die kämpfen seit 2014. Und irgendwie sehr viele aus den Oblasten Luhansk und Donezk. Ein Teil hat 2014 die russische Welt unterstützt. Als sie aber sahen, was die ihnen bringt, änderten sie ihre Meinung und verstanden, dass die außer Tod nichts bringt.
Bei den Russen gibt es das nicht. Für sie hat der Mensch überhaupt keinen Wert, und du schaust dir das an und bist einfach von den Menschen enttäuscht.
Schlecht sind die Stabsoffiziere sowjetischer Schule
Was in der ukrainischen Armee schlecht ist, das sind die Stabsoffiziere sowjetischer Schule, die nicht verstehen, wie eine moderne Armee funktioniert. Ein lustiges Beispiel: Sie hatten uns einen Kommandeur verpasst – der hielt sich bei uns ganze drei Wochen –, der wollte reihenweise Berichte über jede verlorene Drohne abzeichnen. Es war doch klar: Wenn wir die Drohne nicht zurückbringen, dann deshalb, weil sie explodiert ist. Aber er verlangte einen Bericht für jede Drohne. Er verstand nicht, warum das Gerät nicht zur Basis zurückkam.
Oder der Kommandeur sagt dir: Schau dir die Karte der Minenfelder an. Also: Kopiere sie dir ins Notizbuch. Wir haben das 21. Jahrhundert! Wozu hatte man dir denn das Tablet gegeben?
Es gibt Korruption in der ukrainischen Armee, das ist ein Problem, wir sehen aber auch, wie sich etwas ändert. Die Medien recherchieren, wenn wir auf unserer geliebten Plattform aufschreien [gemeint ist X – Holod].
Zum Beispiel beschwerten sich die Soldaten, dass ein Kommandeur seine Kämpfer nicht schont; und sie erreichten, dass der abgelöst wurde. Sobald du dich laut über Probleme beschwerst, beginnt sich alles zu ändern. Trotzdem wird man für solche Sachen in der Ukraine nicht in den „Fleischwolf“ [in Fleischwolfattacken – Holod] gejagt – ganz anders als bei den Russen, finde ich.
Wir verlassen uns auf die Frauen
Man kann nicht sagen, dass es in der ukrainischen Gesellschaft eine bedingungslose Unterstützung für die Front gibt. Die Gesellschaft hat sich in jene gespalten, die helfen, und in diejenigen, die nichts tun, die sagen: „Wozu das alles, wir brauchen so schnell wie möglich einen Waffenstillstand.“ Die sind einfach müde und sehen nicht, dass ein Waffenstillstand eine schlechte Lösung ist, weil Russland wieder angreifen würde. Das ist eine emotionale, kurzsichtige Reaktion, die letztendlich zu einer Tragödie führt. Ich verstehe, dass die Menschen ihr Leben leben wollen, habe aber viele Fragen an die ukrainischen Männer, die der Mobilmachung entgehen und jetzt in Kyjiwer Bars sitzen.
Das macht mich rasend, weil diese Leute, wenn wir nicht klarkommen und wieder russische Panzer durch Kyjiw rollen, uns dann die Schuld daran geben.
Überhaupt verlassen wir uns bei vielem sehr auf die Frauen. Die unterstützen uns und haben gelernt, ganz phänomenale Sammelaktionen für uns zu machen.
Das Problem für alle, die an der Front sind, besteht darin, wie stark sie vom Leben abgeschnitten sind. Wir befinden uns in einem Vakuum. Das ist ein Leben auf Abruf. Auf Urlaub traf ich mich mit Freunden, und mir wurde klar, dass ich nicht weiß, worüber ich mit ihnen reden soll. Das war sehr schwer, sehr traurig.
Bei denen geht das Leben weiter, Kinder kommen zur Welt, jemand eröffnet ein Yoga-Studio. Und du kannst ihnen nichts erzählen, weil du nicht über den Krieg reden willst. Du kannst nichts von diesen drei Jahren deines Lebens erzählen, weil das unangenehm ist.


Ins gewöhnliche Leben zurückzukehren ist nicht leicht. Wir haben uns entwöhnt. Sogar in Restaurants versuchen wir, in der letzten Ecke zu sitzen, um wirklich den ganzen Raum im Blick zu haben. Weil du lernst, die Lage unter Kontrolle zu haben.
Ich glaube, dass Putin bald Fehler machen wird
Ich will nicht, dass der Konflikt eingefroren wird. Erstens würde das Russland die Möglichkeit geben, Kräfte zu sammeln, um erneut anzugreifen. Zweitens wäre das Verrat an jenen, die gefallen sind. Heute sind die menschlichen Ressourcen unser größtes Problem. Ich hoffe aber, dass die ukrainische Gesellschaft uns hilft und zusätzliche Leute mobilisiert werden.
Wir müssen uns die Möglichkeit bewahren, uns wirksam zu verteidigen, denn Russland gehen die Waffen und das Gerät aus. Wenn wir diese Phase überstehen und warten, bis die russischen Vorräte zur Neige gehen, dann könnten wir womöglich eine Wende erreichen und Donezk und Luhansk befreien. Die Frage bleibt nur, ob wir bis dahin noch genug Leute haben.
Ich verstehe, dass das alles utopisch klingt. Aber ich glaube, dass Putin bald Fehler machen wird. Wenn wir noch ein Jahr überstehen, können wir vorwärtskommen. Und sobald er sieht, dass wir vorrücken, wird er Fehler machen, ähnlich wie den vom September 2022 [die Teilmobilmachung – Holod]. Die Gesellschaft in Russland ist wohl kaum zu einer weiteren Mobilmachung bereit.
Ich denke, dass Russland die Idioten ausgegangen sind. Von Zeit zu Zeit begegnet man aber einer anderen Kategorie: Wir haben schon zweimal welche gefangengenommen, die den Vertrag in der Hoffnung unterschrieben, Kohle zu machen und die dachten, dass der Krieg gleich vorbei sein wird.
Ein Sieg Russlands in diesem Krieg würde dem Land auch kein Glück bringen. Putin wird eh nicht jene stoppen können, die von der Front zurückkommen. Erstens werden die extrem kriminell. Zweitens sind das Leute, die weiß Gott wieviel verdient haben, wohl fünf bis zehn Mal mehr als wir [laut Angaben des Portals Gosuslugi verdienen Soldaten und Feldwebel der russischen Armee an der Front zwischen 210.000 und 250.000 Rubel (circa 2100 bis 2500 Euro) im Monat – Holod]. Sie kommen nach Hause, verdienen dann nur noch ihre 18.000 pro Monat. Das wird die größte Bombe.
Zu einem Kampf gegen das Regime sind sie nicht bereit
Ich sehe jetzt nur zwei realistische Wege, den Krieg zu stoppen: Entweder wird Putin durch die internationale Gemeinschaft abgesetzt oder durch uns.
Aus Russland sind unglaublich viele Menschen ausgewandert. Aber versucht von denen irgendjemand, den Krieg zu beenden? Ich denke, die Kriegsgegner sollten alles stehen und liegen lassen und helfen, so wie das deutsche Widerstandskämpfer während des Zweiten Weltkrieges getan haben: Die haben sich bei Versuchen geopfert, den Krieg zu beenden oder so viele Leuten wie möglich über die Verbrechen der Nazis aufzuklären.
Der Fonds für Korruptionsbekämpfung (FBK) hat doch so viel Erfahrung mit der Umgehung von Störsignalen gegen Flüge [von Drohnen und Raketen – dek.] über geheimen Objekten, da hätten sie doch auch herausfinden können, wie man alle EW-Systeme [Elektronische Kampfführung] in Russland ausschaltet. Bislang kamen die mutigsten Taten von einem Kerl, der Züge den Bahndamm runterschickte, und von Sascha Skotschilenko, die Preisschilder austauschte.
In diesen drei Jahren hat die Opposition keine einzige Idee vorgebracht, wie man Putin stürzen könnte. Ich denke, viele von ihnen brauchen das Einfrieren des Krieges einfach, um wieder bequeme Lebensbedingungen zu haben – zu einem Kampf gegen das Regime sind sie nicht bereit.
Die Opposition hätte mehr Organisationen aufbauen und Geld für die Ukraine sammeln können. Wir müssen den Aggressor jetzt mit allen Kräften in die Enge treiben.