Autor:in

dekoder-Team


  • Gnose

    Doktrin der totalen Kontinuität

    Die Oktoberrevolution wurde in der sowjetischen Geschichtsschreibung und -politik als ein schroffer Bruch mit der Vergangenheit und als ein Neuanfang dargestellt. In Jelzins Geschichtspolitik der Entsowjetisierung galt die Zeit der UdSSR vorwiegend als ein wirres Intermezzo; die historischen Bezugslinien für das moderne Russland wurden vor allem in der vorrevolutionären Zeit gesucht. Putin verdeutlichte später bei einem Treffen mit Historikern sein Bestreben, die zu Jelzins Zeit entwickelte „Konzentration auf das Negative“ der sowjetischen Epoche abzulegen. Sie solle durch eine unverbrüchliche Kontinuitätslinie ersetzt werden, die Widersprüche in der russischen/sowjetischen Geschichte harmonisieren sollte – mit dem Ziel, „patriotischen Stolz“ zu fördern.

    Von

  • Gnose

    Olga Malinowa

    Olga Malinowa (geb. 1962) ist eine russische Professorin für Politikwissenschaft. Sie lehrt an der National Research University – Higher School of Economics und am Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (Moskowski gosudarstwenny institut meshdunarodnych otnoschenii MID Rossii, kurz: MGIMO) – einer Kaderschmiede und Eliteuniversität für die zukünftige politische Elite des Landes. Zu Malinowas Forschungsschwerpunkten gehören unter anderem Identitäts- und Geschichtspolitik Russlands. 

    Von

  • Gnose

    Große russische Revolution

    Anspielung auf die offizielle Bezeichnung in der Sowjetunion: „Große sozialistische Oktoberrevolution“. Noch zu Sowjetzeiten galt die Oktoberrevolution als ein Wendepunkt der russischen Geschichte und die Februarrevolution als Brücke zwischen Zarismus und Sozialismus. Im heutigen Lehrbuch werden die Umbrüche aus jenen Jahren und der sich anschließende Bürgerkrieg in dem Begriff „Große russische Revolution“ 1917–1921 zusammengefasst.  

    Von

  • Gnose

    einheitliches Geschichtslehrbuch

    Die politische Forderung nach einer Vereinheitlichung der Schulbücher für Geschichte stammt aus dem Jahr 2001 vom damaligen Bildungsminister Wladimir Filippow. Die Diskussion dazu reißt seitdem nicht ab; auch wurden schon mehrere Versuche unternommen, die Fülle an Lehrmaterialien zu reduzieren. An russischen Schulen kursierten zeitweise über 100 verschiedene – mit Empfehlungs-Prädikaten des Bildungsministeriums versehene – Geschichtslehrbücher. Seit dem Beginn des Schuljahres 2015 werden sie abgeschafft und durch drei Varianten der sogenannten einheitlichen Geschichtsbücher ersetzt. Damit will die Regierung einen historischen Kanon durchsetzen, der zu diesem Zweck von der Historischen Gesellschaft Russlands (RIO) erarbeitet worden war. Das Konzept schaffe aus Sicht von Experten eine monopole Geschichtsdeutung und widme sich mehr der patriotischen Erziehung als einer quellenbasierten Geschichtsvermittlung.

    Von

  • Gnose

    Akt des Landesverrats (Putin-Zitat)

    Gemeint ist eine Rede Putins vor dem Föderationsrat. Er sprach von einer einzigartigen Situation: Russland habe den Krieg gegen den Kriegsverlierer verloren. Diese Aussage konkretisierte er jedoch nicht. Manche Beobachter gingen davon aus, dass der Präsident damit den Friedensvertrag von Brest-Litowsk gemeint hat: Der Vertrag war der separate Friedensschluss, mit dem  Sowjetrussland als Teilnehmer aus dem Ersten Weltkrieg ausschied. Dabei verlor es rund 26 Prozent seines damaligen europäischen Territoriums.

    Von

  • Gnose

    orthodoxe Aktivisten

    Gemeint sind sogenannte orthodoxe Aktivisten. Neben der häufigen Eigenbezeichnung sind damit vor allem in der liberalen Presse solche Menschen gemeint, die sich aus (vermeintlich) religiösen Motiven gegen die politische oder künstlerische Kritik an der politischen Ordnung Russlands wenden. 

    Von

  • Gnose

    Akt des Landesverrats (Filina)

    Gemeint ist eine Diskussion, die zur Mitte der 2000er Jahre vornehmlich in klerikalen und kirchennahen Kreisen geführt wurde in Bezug auf die Jahre 1905 bis 1917. Demnach seien nicht nur Bolschewiki (dt. Mehrheitler) unter Führung von Wladimir Lenin am Zusammenbruch des Großen Russlands schuldig. Auch die eigentlich dem Zaren ergebenen Kreise um die Konstitutionell-Demokratische Partei hätten indirekt dazu beigetragen, dass der im Jahr 2000 heiliggesprochene Zar von den Bolschewiki ermordet worden sei, so die dabei postulierte These.

    Von

  • Gnose

    Historische Gesellschaft Russlands

    Die Historische Gesellschaft Russlands (RIO) ist ein Historikerverband unter Leitung von Sergej Naryschkin – ehemaliger Dumavorsitzender und seit Oktober 2016 Direktor des Auslandsgeheimdienstes SWR. Mit dem Ziel der „nationalen historischen Aufklärung“ setzt sich der Verband unter anderem gegen die (auch angeblich aus dem Ausland forcierte) Geschichtsklitterung ein. RIO versteht sich als Nachfolger des zwischen 1866 und 1917 bestehenden Historikerverbands Imperiale Russische Historische Gesellschaft. Obwohl erst 2012 (neu) gegründet, feierte das RIO 2016 ein 150-jähriges Jubiläum.

    Von

  • Gnose

    1921 (als Chiffre für die Hungersnot)

    1921 ist eine Chiffre für die Hungersnot im Wolgagebiet. Aufgrund einer massiven Dürre kam es in diesem Jahr zu Missernten. Zusätzlich verschlechterten Bürgerkrieg und ineffiziente Planwirtschaft die Versorgungssituation. Schätzungen zufolge verhungerten in den Jahren 1921 bis 1923 rund fünf Millionen Menschen. 

    Von

  • Gnose

    1937 (als Chiffre für den Großen Terror)

    1937 ist eine gängige Chiffre für den Großen Terror – Höhepunkt der stalinistischen Säuberungswellen. Schätzungen zufolge wurden in den Jahren 1937/38 rund 1,5 Millionen mutmaßliche Feinde des stalinistischen Regimes verhaftet. Die Quellenlage ist dürftig, viele Historiker gehen jedoch davon aus, dass etwa 750.000 Menschen exekutiert wurden. Da es kaum zu Freisprüchen kam, wurden nahezu alle übrigen Opfer des Großen Terrors in den Lagern des Gulag und in Gefängnissen inhaftiert.

    Von