
In Belarus werden Insassen von Straflagern, so auch politische Häftlinge, traditionell zur Herstellung von Möbeln, Kleidung oder anderen Dingen gezwungen, auch in landwirtschaftlichen Betrieben. So wird beispielsweise dem sächsischen AfD-Landtagsabgeordneten Jörg Dornau vorgeworfen, dass Polithäfltinge auf seiner Zwiebelfarm Zybulka-Bel Zwangsarbeit verrichten mussten.
Seit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine werden politische Häftlinge vermehrt auch für die Produktion von Särgen, Munitionsteilen oder Betten für die russischen Invasoren eingesetzt. Die belarussische Journalistin Iryna Chalip hat für das Onlinemedium Novaya Gazeta Europe mit ehemaligen Inhaftierten verschiedener Straflager gesprochen, die zu solcher Arbeit gezwungen waren. Aus ihren Recherchen hat sie zudem eine Liste der in Belarus für die russische Armee produzierten Güter erstellt.
„In Belarus arbeiten alle Erstlingskolonien für den Krieg“ – diesen Satz habe ich von einem kürzlich freigekommenen politischen Gefangenen gehört. ‚Erstlingskolonien‘ sind Straflager für erstmals straffällig Gewordene, in Belarus gibt es sechs davon: IK (Besserungskolonie) Nr. 1 in Nowopolozk, IK Nr. 2 in Bobrujsk, IK Nr. 3 in Witebsk („Witba“), IK Nr. 15 in Mogiljow, IK Nr. 17 in Schklow und IK Nr. 22 in Iwazewitschi („Woltschi Nory“, dt. Wolfsbau). Zudem gibt es eine Frauenstrafkolonie für Erstverurteilte, Nr. 4 in Gomel, dort wurden schon immer Uniformen für den Sicherheitsapparat genäht und seit der Großinvasion hat sich wenig geändert. In den Männerstraflagern dagegen hat der Krieg in Form neuer Produktionsaufträge Einzug gehalten. So oft Lukaschenko auch verlauten lässt, dass Belarus sich nicht am Krieg gegen die Ukraine beteilige – es bleibt eine Lüge. Das Land leistet Unterstützung, nicht nur durch die Bereitstellung von Flughäfen und Krankenhäusern, sondern auch durch die Produktion von Kriegsgütern. Und dafür benutzt das Regime auch die Gefangenen.

Munitionskisten für 44 Euro
„Während meiner Haft in der IK Nr. 22 habe ich Kisten für Grad-Munition hergestellt“, erzählt Pjotr (Name geändert), ein ehemaliger politischer Gefangener. „Als ich 2021 in die Kolonie gebracht wurde, arbeitete ich zunächst bei der Entrindung von Baumstämmen. Vor dem Krieg, vor der Einführung der Sanktionen, war das ein ganz normaler Betrieb. Etwa 100 Leute waren in der Holzverarbeitung beschäftigt, täglich kamen drei bis vier Holztransporte an. Neben Brettern und Balken produzierten wir auch Pfähle und Späne zum Feuermachen. Besonders fein zerteilten wir Laubholz und packten es in spezielle Körbe. Das ging alles über Zwischenhändler nach Europa. Das Geschäft lief, wenn auch mehr schlecht als recht. Ab 2022 ging aufgrund der Sanktionen dann alles den Bach hinunter. Wenn die Chefs nicht führen können, sondern nur herumkommandieren, kommt nichts Gutes dabei heraus. Am Ende ließen wir zwei Ladungen Holz unter dem Vordach vergammeln. Sie versuchten, es einem benachbarten Straflager zu verkaufen, aber die nahmen es nicht – zu teuer. Nicht mal Holz verkaufen können sie, die Bullen.”
Als der Holzstoß mitten in der Kolonie schon zum Denkmal für die betriebswirtschaftlichen Kompetenzen der Produktionsleitung zu werden drohte, lächelte plötzlich doch noch das Glück: Man brauchte Transportkisten für Munition. Holzkisten von etwa drei Metern Länge, erläutert Pjotr, in jede passen zwei Raketen. Der Bestellumfang war riesig, jeden Tag holte ein Lastwagen 300 Kisten ab. Der Preis pro Stück lag bei 150 belarussischen Rubeln (etwa 44 Euro).
„Natürlich hatte jede Kiste eine Menge Beschläge: Winkel, Verschlüsse, Griffe und so weiter. Trotzdem ist das teuer für eine Kiste, die nur einmal verwendet wird. Ein interessantes Detail: Die Metallteile bekamen wir in Kisten mit Aufklebern, auf denen stand, dass sie in Bobrujsk hergestellt würden, Firmenname, Anschrift und alles. Aber wenn man den Aufkleber abzog, war darunter ein anderer, demzufolge die Beschläge in Russland hergestellt wurden, in Perm.“
Alle belarussischen Haftanstalten mit Holzverarbeitung stellten auf Munitionskisten um. Auch Häftlinge der Straflager in Bobrujsk, Mogiljow und Witebsk bestätigten Novaya Gazeta Europe, dass die dortigen Sägewerke nach der russischen Großinvasion auf „Kriegswirtschaft“ umstellten.
Der Polithäftling Jewgeni Afnagel wurde im September 2021 ins Straflager Nr. 1 nach Nowopolozk verlegt. Dort gab es einen Holzverarbeitungsbetrieb, in dem Paletten hergestellt wurden, eine Werkstatt, in der Drähte geputzt wurden, und für die Nowopolozker Firma Naftan wurde Plastikmüll sortiert. Jewgeni blieb allerdings nur kurz: Im Frühjahr 2022 wurden seine Haftbedingungen verschärft, er kam für zwei Jahre in die geschlossene Haftanstalt in Mogiljow. Als er nach Nowopolozk zurückkehrte, stellte die Holzverarbeitung dort nur noch Munitionskisten her.
Akihiro Gajewski-Hanada, der in der IK Nr. 17 in Schklow einsaß, berichtet:
„Ich hatte das Glück, für die geringqualifizierte Arbeit in der Metallsortierung eingeteilt zu werden, denn in der Holzverarbeitung hätte ich diese Kisten bauen müssen. Ich bin nicht sicher, ob ich das gekonnt hätte. Aber bei Arbeitsverweigerung drohten wirklich brutale Strafen.“
Betten, Särge und Blumen
In der IK Nr. 3 „Witba“ stellten die Gefangenen auch Särge her.
„Als im Fernsehen die üppigen Begräbnisse der ‚Helden der Spezialoperation ‘ gezeigt wurden, sagten wir: ‚Seht mal, das sind ja unsere Särge‘“, erinnert sich Maxim Winjarski, ehemaliger Häftling der IK Nr. 3. „Ich kann es nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber die Ähnlichkeit war sehr groß. Mit der Sargproduktion begannen wir erst, fingen wir erst nach Kriegsbeginn an. Vorher schnitten wir einfach Bretter aus Laub- und Nadelhölzern. Der Betrieb in der Witebsker Kolonie ist übrigens kein eigenständiges Unternehmen, sondern eine Filiale des Wirtschaftsbetriebs in der Orschaer Kolonie Nr. 12 (ein Straflager für Wiederholungstäter, Anm. d. Red.). Dort wird also dasselbe gefertigt.“

In der Kolonie Nr. 15 in Mogiljow, wo Andrei Wojnitsch aus politischen Gründen inhaftiert war, werden seit Kriegsbeginn in großen Mengen Friedhofsblumen aus Plastik hergestellt, in allen Farben und Formen: Nelken, Rosen, Kornblumen und viele mehr.
„So schnell könnten die Belarussen allein gar nicht sterben, um unsere Produktion zu verbrauchen“, sagte Wojnitsch. „Die Norm waren 500 Blumen pro Person pro Schicht. Wir produzierten also insgesamt zwischen 3000 und 6000 Plastikblumen täglich. Fuhrenweise. Aus den Gesprächen der Wachleute hörte ich heraus, dass nicht nur unsere Kolonie Plastikblumen produzierte. Irgendein Unternehmer aus Grodno hatte mit mehreren Straflagern einen Vertrag geschlossen und exportierte nach Russland, am laufenden Band.”
Die Kolonie „Wolfsbau“ in Iwazewitschi bekam einmal einen sehr seltsamen, aber vor allem gewinnbringenden Auftrag. Es war Anfang 2023, der Direktor rief die Häftlinge in der Werkhalle zusammen, wo sie gerade noch friedlich Kisten für Raketen gezimmert hatten, um ihnen die frohe Botschaft zu verkünden: „Männer, wir haben einen lukrativen Auftrag: 500 Betten, sofort. Teilt euch auf in drei Schichten, Hauptsache, so schnell wie möglich.“
„Er versprach uns einen Lohn von 200 Rubel (ca. 58 Euro, Anm. d. Red.)“, erzählt Pjotr. „Nachdem ich in meinen fünf Jahren Haft maximal 26 Rubel pro Monat verdient hatte, im Durchschnitt überhaupt nur 2,50 Rubel, klang das wie ein Märchen. Die Schweißer kamen zu uns in die Werkhalle und bauten die Bettgestelle. Alle 500 schafften wir nicht, als etwas mehr als 400 Betten fertig waren, kamen schon Lastwagen mit Versandkartons, und wir mussten sofort alles verpacken und aufladen. Auf den Kartons stand, die Betten seien im Auftrag des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation in der Oblast Moskau produziert worden, an den genauen Namen der Firma erinnere ich mich leider nicht mehr.“
Tarnkleidung im Dreischichtbetrieb und Armeetaschen
Neben der Holzverarbeitung gibt es in jeder belarussischen Strafkolonie eine Nähfabrik. Üblicherweise werden Arbeitskleidung, Handschuhe und Uniformen für die Sicherheitskräfte genäht. Mit Kriegsbeginn wurden die Lagerbetriebe von einer Welle neuer Großaufträge erfasst.
„Ende 2023 kamen die ersten Aufträge für Tarnkleidung“, sagt Akihiro Gajewski-Hanada, Insasse der Kolonie Nr. 17 in Schklow. „Wir rackerten ohne Pause, drei Schichten, sechs Tage die Woche. In der Nähfabrik war die Arbeitszeit eine Stunde länger als bei den anderen, der Betrieb lief auf Hochtouren, ohne Unterbrechung.“
Das Wachpersonal behandelt die Gefangenen wie Möbelstücke.
Andrei Wojnitsch, der fünf Jahre in der Kolonie Nr. 15 in Mogiljow verbrachte, erinnert sich, dass der erste Auftrag für das Nähen von Tarnkleidung mit der Mobilisierung zusammenfiel, die folgenden jeweils mit Offensiven der russischen Armee. Auch hier wurde in drei Schichten gearbeitet, was in den Straflagern eigentlich nicht üblich war. Früher hatte man die gesamte Produktion locker in zwei Schichten geschafft.
„Das Wachpersonal behandelt die Gefangenen wie Möbelstücke“, erzählt Andrei. „Sie sprachen in unserer Anwesenheit völlig entspannt über ihre Geliebten, über die Häuser, in denen sie sie treffen, über Vorgesetzte, genauso wie über Produktionsaufträge. Deswegen haben sie auch kein Hehl daraus gemacht, dass die Tarnkleidung nach Russland geht.“
In der Witebsker Kolonie Nr. 3, wo Maxim Winjarski einsaß, gingen ebenfalls Anfang 2024 Nähaufträge für Tarnkleidung ein.
„Die Näherei stellte auf Dreischichtbetrieb um. Die Gefangenen nähten aber – ob nun bewusst oder unbewusst – ziemlich schlecht. Alle wussten, dass das keine Wischlappen sind, keine Handschuhe und keine Arbeitskleidung. Drei Monate arbeiteten wir ununterbrochen, im Dreischichtbetrieb. Allerdings wurde die Qualität sehr stark bemängelt, bis wir unsere Produktion schließlich einstellten. Vermutlich hatte der Auftraggeber die Ware nicht abgenommen.“

Ein weiteres Produkt aus belarussischen Haftanstalten zur Unterstützung des Krieges waren Erste-Hilfe-Taschen für Soldaten, die unter anderem in der Kolonie Nr. 2 in Bobrujsk genäht wurden.
„Bis 2022 war der Hauptauftraggeber unserer Näherei der belarussische Grenzschutz, wir nähten Uniformen, Ärmelabzeichen und Borten“, erzählt Dmitri Koslow, ehemaliger Häftling der Kolonie Nr. 2. „Nach Kriegsbeginn veränderte sich zunächst unsere Organisation. Im August 2022 bekam der Betrieb einen neuen Direktor, und wenn früher bei schlechter Auftragslage der Vorarbeiter eine Meldung schrieb und wir vorzeitig gehen durften, so waren wir jetzt verpflichtet, die Schicht bis zum Ende abzusitzen, auch wenn es nichts zu tun gab. Das nannte sich strategische Produktion für die Armee, man musste bereit sein, für den Fall eines dringenden Auftrags mussten wir jederzeit bereit sein. Und Aufträge gab’s genug, hauptsächlich Tarnkleidung, wie in den anderen Straflagern. Später nähten wir auch Taschen für Verbandszeug, natürlich nicht für unsere Armee. Unser Lager war nicht das einzige, in dem solche Taschen genäht wurden. Als ich erneut verurteilt wurde und ins Gefängnis in Mogiljow kam, traf ich dort einen, der Strafarbeit leisten musste, aber drei Tage vor Ende einen Fluchtversuch unternahm. Er wurde erwischt, in einem gestohlenen Auto, und wartete auf die Verlegung in ein Straflager, wo ihn drei Jahre Haft erwarteten. Jedenfalls hatte auch der so eine Tasche, sie trug die Aufschrift ‚Armija Rossii‘ (dt. Armee Russlands), mit Stern und Logo. Solche hatten sie bei der Strafarbeit genäht. Unsere Vorarbeiter machten ehrlich gesagt sowieso keinen Hehl daraus, dass wir verschiedenes Zubehör für die russische Armee produzierten.“
Post vom Kriegskommissariat
Winjarski selbst arbeitete nicht in der Näherei, sondern fertigte Briefumschläge. Auch das erwies sich letztlich als militärischer Auftrag.
„Unsere Werkstatt war nicht groß und hieß einfach: Herstellung von Briefumschlägen“, erzählt Maxim. „Wir machten ganz gewöhnliche Kuverts. 2024 kam plötzlich ein Großauftrag, wir sollten kurzfristig 700.000 dunkelbraune Umschläge aus Packpapier herstellen. Angeblich zur Versendung von Pässen. Waren etwa plötzlich Gab es etwa plötzlich 700.000 neue Belarussen? Wir zählten sehr schnell zwei und zwei zusammen: Die Umschläge eigneten sich hervorragend erstens für Einberufungsbescheide, zweitens für Todesbenachrichtigungen und drittens natürlich auch für Pässe, wenn deren Besitzer nicht mehr am Leben waren. Außer uns produzierten auch das Gefängnis in Mogiljow und das Straflager in Orscha solche Kuverts — das sind die, von denen ich es weiß. So kann man sich die Dimensionen der Produktion vorstellen.
Für die Fertigung der Umschläge hatte man den Häftlingen eine Schneidemaschine zukommen lassen. Nicht lange vor dem Großauftrag war eine Kontrolle in den Produktionsbereich der Kolonie gekommen und hatte eine detaillierte Beschreibung des Herstellungsprozesses gefordert: Man nimmt ein Blatt Papier, zeichnet die Form des Kuverts auf, schneidet sie mit der Papierschere aus, und so weiter. Offiziell durfte man nicht sagen, dass wir in der Werkstatt die Schneidemaschine hatten, denn das widersprach den Sicherheitsvorgaben für die Gefangenen. In der Dienstordnung stand, dass die Gefangenen ausschließlich mit Papierscheren schnitten.“
Mit der Maschine konnte man, berichtet Maxim, Stapel von 200 bis 300 Blatt auf einmal schneiden, was die Arbeit natürlich erleichterte. Als die Großaufträge für den Krieg eingingen, wurden alle Vorarbeiter „zu Grünlingen gemacht“, sie wurden als Kriegsdienstleistende in den Inneren Dienst aufgenommen und bekamen eine Uniform (vorher waren sie normale Angestellte). So zog mit den Aufträgen auch die Militarisierung ins Straflager ein. Die Vorarbeiter begannen, sich aufzuspielen wie Gefängnisaufseher.

Blei
In jeder belarussischen Strafkolonie gibt es eine Werkstatt für geringqualifizierte Arbeiten, in denen zum Beispiel Metall sortiert wird. Dort arbeiten sehr oft politische Gefangene.
„Alte Kabel und Drähte werden angeliefert, die vom Mantel befreit werden müssen, um daraus Kupfer, Aluminium und Blei zu gewinnen“, erzählt Akihiro Gajewski-Hanada. „Wir hatten natürlich keine Beweise, aber wir befürchteten, dass das Blei zur Herstellung von Patronen verwendet werden könnte. Die Kabel kamen aus der ganzen Oblast Gomel zu uns nach Schklow, gut möglich, dass auch welche aus der Tschernobyl-Zone dabei waren. Manchmal klebte unter der Isolierung noch ein Etikett auf dem 1980 oder 1981 stand. Dann wusste man, dass diese Leitungen schon während des Super-GAUs existiert haben.“
Manchmal passiert auch Erfreuliches: In der Kolonie Nr. 3 wurde einmal ein alter Gefangenentransporter zerlegt.
„Eins von den ersten Modellen“, sagt Maxim Winjarski, „in so einem wurden wir, glaube ich, beim Freiheitsmarsch 1999 abtransportiert. Das war vielleicht ein Spaß, den mit dem Trennschleifer zu zerlegen!“
Wenn im Straflager von Mogiljow Kupfer ausgeschmolzen wurde, hing regelmäßig Rauch in allen Farben des Regenbogens über der Anlage.
Die Zerstörung eines Gefangenentransporters ist allerdings ein seltenes Vergnügen. Bleidämpfe hingegen stehen auf der Tagesordnung.
„Bei uns in der IK Nr. 3 wurde ziemlich viel Blei gewonnen“, erinnert sich Winjarski. „Und die Chefs hatten die Idee, es zu schmelzen, um noch mehr zu gewinnen. Können Sie sich vorstellen, wie Bleischmelze ohne Schutz aussieht? Viel schädlicher geht gar nicht mehr. Sogar die Feuerwehr kam, weil dieser furchtbar stinkende Rauch aufstieg. Da schmorten ja auch noch die Reste der Isolierungen, das Teer und all das.
Die Feuerwehr kam regelmäßig und schimpfte, was wir denn da machten. Schwarzer Rauch hing über der Stadt und man konnte nicht verbergen, woher er kam. Erst als sich der Katastrophenschutz einmischte, war endlich Schluss damit, mitten in der Kolonie Blei zu schmelzen.“
Wenn im Straflager von Mogiljow Kupfer ausgeschmolzen wurde, hing regelmäßig Rauch in allen Farben des Regenbogens über der Anlage. Es wurde mit ganz alten Methoden gearbeitet: Plastik wurde unter freiem Himmel verbrannt, ohne Filter, ohne irgendeinen Schutz. Die Kolonie war von Rapsfeldern umgeben, die giftige Wolke zog darüber hinweg. Der Rauch war mal schwarz, mal gelb, mal orange, mal violett. Als einmal ganz normaler weißer Rauch aufstieg, lachten die Gefangenen: „Ein neuer Papst wurde gewählt!“ „Nur eins freute uns an der ganzen Sache“, sagt ein ehemaliger politischer Gefangener, „die Bullen atmeten dieselbe dreckige Luft.“