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Default (1998)

Am 17. August 1998 erklärte der russische Staat unter der Führung von Jelzin seine Zahlungsunfähigkeit nach einer Zeit des wirtschaftspolitischen Chaos. Dieses Ereignis markierte eine Wende in der russischen Finanzpolitik hin zu einem wesentlich konservativeren Kurs in den 2000ern und trug zur Popularität Putins bei, da er im Gegensatz zu Jelzin den gesellschaftlichen Bedarf an Stabilität und relativem Wohlstand bedienen konnte.

Ein Default tritt ein, wenn ein Staat oder ein anderes wirtschaftliches Subjekt nicht in der Lage oder nicht bereit ist, seiner legalen Pflicht nachzukommen, die Kreditrate oder die Zinsen, die fällig sind, zu bezahlen.

Russland erklärte seine Zahlungsunfähigkeit am 17. August 1998, was einen Einschnitt in seiner neuesten Geschichte markierte. Diesem Tag ging eine Zeit des wirtschaftlichen Chaos voran. Durch die Einführung der Marktökonomie 1992 bestätigte sich die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der russischen Wirtschaft, viele Unternehmen wurden in der Folge zahlungsunfähig. Die erfolgreicheren Unternehmen wurden zu Objekten von Verteilungskämpfen seitens der früheren Nomenklatura und in der Politik gut vernetzter Geschäftsleute, aber auch krimineller Gruppierungen.

Selbst wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen kamen ihrer Steuerpflicht nur sehr unvollständig nach, nicht zuletzt aufgrund der intransparenten Steuergesetzgebung, der vergleichsweise hohen Steuersätze und der Unfähigkeit des Staates, seine Forderungen einzutreiben. Dadurch wies das Budget regelmäßig erhebliche Defizite auf. Die Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) waren schnell verbraucht, die Russische Zentralbank (RZB) durfte seit Ende 1994 das Budget nicht mehr finanzieren und so musste sich die Regierung auf dem Finanzmarkt verschulden, um ihre Ausgaben zu begleichen. Zunächst verkaufte sie Staatsanleihen an russische Banken. Seit 1996 durften auch Ausländer russische Anleihen kaufen. Besonders gerne legten risikobereite Banken und Hedgefonds Geld in russische GKOs und OFZs (kurz- und langfristige Anleihen) an, die bisweilen nominal dreistellige Zinssätze abwarfen und dadurch leichten Gewinn ermöglichten.

Die finanzielle Lage der Regierung war bereits im Frühling 1998 ernst, weshalb Jelzin den liberalen Manager Kirijenko zum Premierminister ernannte. Dieser hob den GKO-Zinssatz an, um Investoren anzuziehen, konnte aber ihr Vertrauen nicht mehr gewinnen. Die Asienkrise 1997 verminderte ihre Bereitschaft, in Entwicklungs- und Schwellenländern zu investieren. Auch trug der Öl- und Gaspreisverfall 1997 zum verminderten Enthusiasmus bei Finanzinvestoren bei. Gleichzeitig war der Rubel überbewertet und sein Wechselkurs fest, was wirtschaftliche Akteure zum massiven Verkauf der russischen Währung animierte und die RZB unter Druck setzte. Trotz massiven Einsatzes von Währungsreserven zur Stützung des Rubels konnte die Situation nicht unter Kontrolle gebracht werden und so war die Regierung am 17.08.1998 gezwungen, den Default zu erklären, den Rubel freizugeben und als Konsequenz seine Abwertung in Kauf zu nehmen, obwohl sie ein solches Szenario bis zuletzt als Möglichkeit abstritt.

Der Default zog augenblicklich schwerwiegende wirtschaftliche und politische Konsequenzen nach sich. Zunächst lockerte die neue Führung mit Primakow als Premierminister und Geraschtschenko als RZB-Chef die Geldpolitik, um das Wachstum anzukurbeln und eine Finanzierung des Budgets zu ermöglichen. Diese Politik wurde von einem Anstieg des Ölpreises begleitet und die finanzielle Situation der russischen Wirtschaft sowie die Lage des Budgets verbesserten sich daraufhin schnell. Nicht zuletzt trug in diesem Kontext die Rubelabwertung dazu bei, dass Importe teurer wurden und russische Firmen auf dem heimischen Markt mehr verkaufen konnten. Trotzdem entließ der neue Präsident Putin Geraschtschenko Ende 2002. In der Folge betrieben die RZB und das Finanzministerium eine konservative Geld- und Finanzpolitik, was nicht zuletzt auch durch den weiter steigenden Ölpreis möglich wurde. 2004 schuf die Regierung aus überschüssigen Öleinnahmen einen Stabilisierungsfond, der unter anderem als Absicherung gegen einen potentiellen Default diente. Gleichzeitig instrumentalisierte Putin den Default als ein von „Liberalen“ herbeigeführtes Ereignis, das unter seiner Herrschaft nicht mehr stattfinden werde.

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