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Video #29: Kisseljow rappt Majakowski

Konzertverbote für Rapper – und nicht nur: Wochenlang haben russische Behörden Konzerte von Rappern und anderen Musikern abgesagt und verboten. Meduza hat eine Überblicksliste abgesagter Konzerte erstellt. Im Staatssender Rossija-1 griff Dimitri Kisseljow das Thema Anfang Dezember auf – und trat für die Rapper und für den Rap als „alternative Musikkultur“ ein. Er sagte: „Ein Vorreiter des Rap in unserer russischen Lyriktradition ist natürlich Wladimir Majakowski“, und gab selbst auch gleich ein paar Majakowski-Bars zum Besten (siehe Video unten).
Kurz zuvor war der Rapper Husky wegen einer Rap-Performance auf einem Autodach zunächst zu zwölf Tagen Haft verurteilt, dann aber vorzeitig wieder aus der Haft entlassen worden. Während Beobachter über die staatsnahe Unterstützung für die Rapper rätselten, kommentierte Huskys Manager in der russischen BBC

„Für mich ist das [Eintreten Kisseljows für Husky] so zu werten, dass zunächst von oben die Gegenrichtung vorgegeben wurde, dass jetzt konkret über Husky nur Gutes gesagt werden darf – und alle staatlichen Fernsehsender haben dann nur noch Gutes gesagt. Die Krönung des Ganzen war der Beitrag von Kisseljow. Schon klar, warum das so läuft, wir wissen alle ganz genau, wie Content in Staatssendern gemacht wird und wer der Auftraggeber ist.“

Kurz darauf wurde in Woronesh ein Auftritt des Experimental-Duos IC3PEAK nach wenigen Minuten abgebrochen. Am selben Tag hatte die Duma einige Rapper zum Runden Tisch eingeladen. Dort hieß es unter anderem, sie hätten „die Werte eines würdigen, wertvollen und gesunden Lebens zu pflegen, das dem Land und der Gesellschaft diene“. Der bekannte Rapper Shigan verließ schließlich den Saal und sagte: „Das bringt nichts.“ 
Dabei gab es beim Parteitag der Regierungspartei Einiges Russland von höchster Ebene Unterstützung für die Musiker. Sergej Kirijenko, Vizechef des Präsidialamtes, kritisierte die Behörden: „Wenn es mit Konzertverboten endet, ist das eine Dummheit.“ 

Источник dekoder

https://www.youtube.com/watch?v=k7fuAm4Pa6w

Das Original-Video finden Sie hier.


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Dimitri Kisseljow

Der Journalist Dimitri Kisseljow spielt im gelenkten russischen Staatsjournalismus eine zentrale Rolle. 2008 wurde er Vizedirektor der staatlichen Medienholding WGTRK. Seit 2014 leitet er die staatliche Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja.

Nach seinem Studium der Skandinavistik an der Universität Leningrad begann Dimitri Kisseljow (geb. 1954) seine journalistische Karriere beim sowjetischen Staatsfernsehen. In den 1990er Jahren galt er als Sprachrohr der liberalen Post-Perestroika-Bewegung und moderierte die populäre Talkshow Tschas Pik (Rushhour). Wie viele andere enttäuschte Liberale auch, wandte er sich nach den wilden 1990ern zunehmend von der Vorstellung eines demokratischen Russlands ab. Inzwischen vertritt er eine konservative, orthodoxe und autokratische Ideologie.

Seine patriotische Weltanschauung trägt Kisseljow vor allem über den Sender Rossija 1 ins Volk, wo er seit 2012 den sonntäglichen Nachrichtenrückblick Westi nedeli moderiert. Dort verkörpert Kisseljow die neue Art der schrillen Propaganda: Er steht für Aussagen wie die, dass man die Herzen von Homosexuellen „vergraben und verbrennen“ solle, oder die Drohung, dass Russland die USA jederzeit in „radioaktive Asche verwandeln“ könne. Die russische Opposition diskreditiert er ebenso regelmäßig wie die ukrainische Maidan-Bewegung, die er als faschistische Verschwörung des Westens darstellt.

 

https://www.youtube.com/watch?v=JBMXcQxrBH8

 

Über Ethik im Journalismus: Kisseljow in den 1990er Jahren.

Gleichzeitig lobt Kisseljow besonders Wladimir Putin: So hielt er zum Beispiel an dessen Geburtstag 2012 eine zwölfminütige Eloge auf den Präsidenten, in der er Putin positiv mit Stalin verglich1. Kisseljow beurteilte bei einem Treffen mit den Mitarbeitern der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti die Idee der Objektivität im Journalismus als einen „Mythos“ und stellte dem entgegen, dass gerade staatliche Medienagenturen und ihre Redaktionspolitik der „Liebe zum Vaterland“ verpflichtet sein müssten.2

Nach der Angliederung der Krim und der Eskalation des Ukraine-Konflikts, hat die EU Kisseljow, als einzigen Journalisten, auf ihre Sanktionsliste gesetzt.

Kisseljow in der Sendung „Der direkte Draht mit Wladimir Putin“ 2014 - Foto © Kremlin.ru

Der einst mit Kisseljow befreundete Schriftsteller Viktor Jerofejew schrieb Ende 2013: „Kisseljow hatte sich in letzter Zeit hervorgetan durch schonungslose und bewusst provokative Kritik an allem, was der Kreml bekämpft.“3 Im Jahr 2014 wurde Kisseljow zum Leiter der staatlichen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja ernannt, die für eine kremlfreundliche Medienberichterstattung auch über Russlands Grenzen hinaus sorgen soll. Somit ist Kisseljow nicht nur zu einem der bekanntesten Fernsehgesichter in Russland geworden, sondern auch zu einem der einflussreichsten Akteure in der kreml-finanzierten Berichterstattung. Deswegen und aufgrund seiner umstrittenen Aussagen wird Kisseljow in westlichen Medien oft als „Chefpropagandist des Kreml“ bezeichnet.


1.Kommersant: Vladimira Putina pozdravili po televizoru
2.Rbk: D. Kisseljėv naučit Rossiju segodnja ljubit Rodinu
3.Frankfurter Allgemeine Zeitung: Russland in der Offensive
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Allrussische Staatliche Fernseh- und Radiogesellschaft / WGTRK

Die Allrussische Staatliche Fernseh- und Radiogesellschaft WGTRK ist eine staatlich kontrollierte Medienholding. Sie besitzt mehrere landesweit empfangbare Fernseh- und Radiosender sowie Internetmedien, außerdem knapp 100 regionale Medienanstalten in den Föderationssubjekten der Russischen Föderation.

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Dimitri Peskow

Dimitri Peskow ist seit dem Machtantritt Putins für dessen Pressearbeit zuständig und gilt als offizielles Sprachrohr des Kreml. Üblicherweise für die Krisen-PR verantwortlich, sorgte er mehrfach selbst für negative Schlagzeigen, unter anderem im Rahmen der Panama Papers.

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Krim

Es war kein Zufall, dass die russische Präsidentschaftswahl 2018 am 18. März stattfand. Die Wahlbeteiligung und die rund 90-prozentige Zustimmung für Putin auf der Krim stellt der Kreml als eine Art zweites Referendum über die Zugehörigkeit der Halbinsel zu Russland dar. Gwendolyn Sasse über die mythenumwobene Region, das Narrativ der „russischen Krim“ und die Selbstwahrnehmung der Krim-Bewohner nach der Angliederung an Russland. 

 

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Das Ermittlungskomitee (Sledstwenny komitet/SK) ist eine russische Strafverfolgungsbehörde. Sie gilt als politisch überaus einflussreich und wird häufig mit dem US-amerikanischen FBI verglichen.

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Osero (Datschenkooperative)

Osero (dt. See) wird eine Datschenkooperative genannt, die Mitte der 1990er Jahre in der Nähe von St. Petersburg gegründet wurde. Einer der Bewohner, Wladimir Putin, wurde wenige Jahre später Präsident. Heute zählen viele aus dem Osero-Kreis zu den wohlhabensten und einflussreichsten Personen in Russland. Da viele von ihnen keinen bestimmten politischen Flügeln zugerechnet werden, wird die Kooperative häufig als eine eigene Fraktion innerhalb der wirtschaftspolitischen Elite Russlands bezeichnet.

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