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Putins Offshore-Macht

Am 1. Juli stimmen alle Wahlberechtigten Russlands über die geplanten Verfassungsänderungen ab. Unter anderem sieht die Reform auch vor, die bisherigen Amtszeiten Putins auf Null zu setzen – somit könnte er bis 2036 im Amt bleiben. Das Vorhaben hatte unverzüglich heftige Kritik ausgelöst. Die Abstimmung, die ursprünglich im April stattfinden sollte und nun am 1. Juli durchgeführt wird, bezeichnen liberale und oppositionelle Beobachter als Farce, auch weil sich formal nicht mal die Hälfte aller Wahlberechtigten daran beteiligen muss.
Die offizielle Webseite zur Abstimmung listete nun die geplanten Änderungen auf – doch ausgerechnet der umstrittenste Punkt, die Nullsetzung der Amtszeiten Putins, fehlte zunächst. Wie kam es überhaupt zu diesem Vorstoß, fragt Michail Schewtschuk auf Republic. Er versucht, die Spuren so weit wie möglich nachzuzeichnen – und landet im „politischen Offshore“.

Source Republic

Zweifellos eine seltsame Entscheidung: Ausgerechnet die Reform, Wladimir Putins Amtszeiten auf Null zu setzen, fehlte in der Liste der Verfassungsänderungen auf der speziell dafür eingerichteten Webseite – dabei war es abzusehen, dass das Internetpublikum, das belesener und sensibler für politische Fragen ist, diesen Punkt als allererstes überprüfen würde. 

Später, als die Aufregung schon groß war, wurde die Reform an entsprechender Stelle ergänzt, aber das Image war bereits ruiniert. Die wichtigste Neuerung, zu deren Kaschierung all die vielen anderen Punkte erdacht worden waren, versuchte man auf diese Weise de facto zu verstecken. Unklar warum, denn die Nullsetzung der Amtsjahre war ja weitreichend bekannt und keine Überraschung.

Die wichtigste Änderung verschwiegen

Formal wird die Reform nicht verheimlicht. Sie steht genauso im Gesetzentwurf wie die anderen Änderungen, und der ist jedem frei zugänglich. Hier gibt es also nichts zu beanstanden. Doch offensichtlich wurde in dem Aufruf zur Teilnahme an der landesweiten Abstimmung am 1. Juli ein Teil ausgelassen – jener Teil über das Recht des amtierenden Präsidenten nach seiner vierten Amtszeit nochmals zu kandidieren. Der fiel irgendwie raus. Die Organisatoren der Abstimmung versuchen die Menschen davon zu überzeugen, dass die Verfassungsänderung notwendig sei, um die russische Sprache zu bewahren und zu verhindern, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren, aber die wichtigste Änderung – nämlich der Machterhalt Wladimir Putins – wird verschwiegen.

Der Grund für diese Zurückhaltung leuchtet nicht gleich ein. Der Skeptiker wird sagen, das sei ganz einfach: Der Präsident wolle das Volk nicht verärgern, weil seine Umfragewerte fallen und die negative Stimmung durch die Quarantäne-Maßnahmen steigt; die Russen seien enttäuscht von Putin und könnten ihm die Zustimmung verweigern, Staatsoberhaupt zu bleiben. 

Nimmt man allerdings die Position eines loyalen Bürgers ein, ist man ratlos.

Wer, wenn nicht Putin?

Die bedingungslose Unterstützung der Massen für den Präsidenten  und seine faktische Alternativlosigkeit sind ja nach wie vor die Kernthesen der offiziellen Propaganda. Gerade erst haben die Regierung und regierungsnahe Strukturen gegen Bloomberg gehetzt, einfach nur, weil die Agentur erwähnte, dass das Vertrauen in Putin laut Umfragen sinkt. Wir in Russland haben bekanntlich unsere eigenen Umfragen und denen zufolge ist die Haltung zum Staatsoberhaupt so unerschütterlich wie eh und je. 

Die Opposition ist es schon gewohnt, dass man sie belügt, doch jetzt werden scheinbar auch  die Anhänger belogen. 

Wer, wenn nicht Putin? Der Versuch, die Nullsetzung der Amtsjahre zu verschweigen, widerspricht der grundlegenden Maxime: „Russland nur mit Putin, ohne Putin kein Russland.“ Und wer könnte schon dagegen sein, dass Russland viele Jahre fortbesteht? Könnte der Vorschlag einer ewigen Regierung Putins denn überhaupt missfallen? Und  zwar dermaßen missfallen, dass das Volk auf all die wunderbaren Sozialreformen gleich mit verzichten würde?

Wir alle wissen noch, wie die Debatte um die Verfassungsänderungen begann. Noch letztes Jahr, als Putin erstmals von Reformen sprach und erwähnte, man könne das Wörtchen „in Folge“ bezüglich der Präsidentschaft aus der Verfassung streichen, ging gleich die Diskussion los, wie man Putin im Amt behalten könne. Es begann mit anonymen Vorschlägen, in Russland den Titel des „Obersten Herrschers“ einzuführen, und ging in bester Propaganda-Tradition mit Auftritten von Veteranen und Näherinnen aus Iwanowo weiter – der Präsident musste sogar selbst öffentlich klarstellen, nein, er habe keinerlei Verlängerung seiner Befugnisse im Sinn.

Filmreife Inszenierung

Dieser Punkt der Verfassungsänderung wurde erst  im allerletzten Augenblick hinzugefügt: Während der Debatte in der Duma, wo eigens dafür eine filmreife Aufführung mit Valentina Tereschkowa in der Hauptrolle gegeben wurde. Tereschkowa verwies auf gewisse Briefe, mit denen sie die Wähler überhäuft hätten.

Die Verschleierung der Nullsetzung begann lange vor der Corona-Epidemie. Bei jedem der ersten Schritte hätte der Kreml problemlos die Gesuche des Volkes öffentlich annehmen können. Es hätten tausende persönliche wie kollektive Briefe und Appelle publiziert, wenn nötig auch eine politische Bewegung initiiert werden können. 

Der Kreml hat bereits mit der Erschaffung der Gesamtrussischen Volksfront bewiesen, dass er im Handumdrehen eine Massenbegeisterung herstellen kann, woran auch die schlimmste sozioökonomische Lage nichts geändert hätte. So wie Putins Wiedereinzug in den Kreml 2012 von unzähligen Reflexionen über einen „Putin 2.0“ begleitet worden war, hätte auch jetzt ein noch viel besserer „Putin 3.0“ auftauchen können. Aber das alles blieb aus.

Russlands Drehbuch ist wie immer einmalig. Der Präsident wollte, dass die Initiative weder von der Regierung noch vom Volk ausgeht, stattdessen erschuf er einen Ausgangspunkt dazwischen. Die offen verlautbarten Einladungen an Putin, im Amt zu bleiben, wurden öffentlich ignoriert – dafür wurden die anonymen und zweifelhaften „Briefe Tereschkowas“ mit Aufmerksamkeit belohnt. So geht die Initiative scheinbar vom Volk aus, allerdings von einem gesichtslosen, verborgenen, „tiefen“ Volk, das sich weder auffinden noch befragen lässt. 

,Politisches Offshore’ – ein geheimnisumwobener Ort, an dem sich alle Spuren verlieren

2012 hatte Putin die Macht aus den Händen von Dimitri Medwedew übernommen und später womöglich bereut, dass er Medwedew aus Pflicht in seinem nächsten Umfeld halten musste. Nun verbirgt der Präsident den Ursprung der Forderung nach seinem Machterhalt, vermutlich aus demselben Grund, aus dem Großunternehmen es vorziehen, ihre Firmen in Offshores zu registrieren. „Tereschkowas Briefe“ sind eine Art „politisches Offshore“ – ein geheimnisumwobener Ort, an dem sich alle Spuren verlieren. Diese Auslagerung der Macht in ein Offshore gilt es derzeit durch beharrliches Schweigen zu kaschieren.

Womöglich ist das bloß die Angewohnheit eines alten Spions, alles so einzufädeln, dass sich die Entscheidungskette nicht mehr nachverfolgen lässt und sich bloß ihr letztes Glied schonungslos offenbart. Der Präsident möchte weder den Eliten noch dem Volk etwas schuldig sein – und Verpflichtungen entstünden jedoch unweigerlich aus einer öffentlichen Reaktion auf konkrete Gesuche. 

2024, wenn Wladimir Putin erneut kandidieren wird, werden sich so einige Leute wundern, vielleicht auch jene, die für bare Münze nahmen, wie für die Verfassungsreform agitiert wurde, ohne sich in die Details zu vertiefen. Eine Antwort auf die Frage „Wie konnte es dazu kommen?“ wird es dann nicht geben. Es wird nicht einmal jemanden geben, der diese Frage stellt. Putin wird sich abermals wie von selbst im Präsidentensessel materialisieren und wieder einmal die geheimnisvolle, ja magische Natur der russischen Macht demonstrieren. Der Ursprung dieser Macht wird dann irgendwo jenseits der Eliten, jenseits des Volks, ja sogar jenseits von Putin liegen – sorgfältig verborgen in einem Offshore.

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Wlast

Sevilla im 16. Jahrhundert, die Inquisition wütet, Scheiterhaufen lodern, das Mittelalter ist in seiner dunkelsten Phase. Unvermittelt taucht Jesus auf, alle erkennen ihn, auch der Großinquisitor. Dieser sagt: Die Kirche braucht Jesus nicht mehr, sie hat seine Tat „verbessert“ und die allumfassende Herrschaft des Klerus auf drei Kräften aufgebaut – Wunder, Geheimnis, Autorität. Jesus schweigt. 

In dieser Sequenz aus Die Brüder Karamasow setzt sich Dostojewski mit dem Begriff Wlast auseinander. Mit der Triade Wunder, Geheimnis, Autorität definiert er die Voraussetzungen für das damalige Verständnis von Herrschaft.

Auch heute gehört Wlast zu den abstraktesten Begriffen im Russischen. Zugleich ist sie aber zentral im politischen Diskurs Russlands. Wlast kann sowohl den Macht- und Herrschaftsbegriff umfassen, als auch die Staatsmacht, die Regierung, Behörden, Oligarchen oder einfach irgendeine Obrigkeit – mit entsprechenden Schwierigkeiten bei der Übersetzung in andere Sprachen. Je nach Interpretation kann Wlast außerdem ganz unterschiedliche Bedeutungsinhalte haben: Von der personifizierten Staatsmacht Putins, über die Anonymität und Unsichtbarkeit der Macht, wie man es etwa bei Kafka kennt, bis hin zum Orwellschen Unterdrückungsapparat.

Wunder, Geheimnis, Autorität – der Begriff „Wlast“ wird im russischen Sprachgebrauch mitunter sakralisiertLeviathan – so beschreiben viele Beobachter das Herrschaftssystem des gegenwärtigen Russlands. Gemeint ist ein absolutistischer Staat, wie ihn der politische Philosoph Thomas Hobbes in seinem gleichnamigen Hauptwerk beschreibt. Die Macht des Souveräns ist hier uneingeschränkt, alle Menschen müssen sich ihr unterwerfen. Die Staatsmacht bei Hobbes ist allerdings auch zuständig für den Schutz der Bürger, in Russland dagegen werfen ihr viele Kritiker vor, Gegensätzliches zu tun: Sie verhalte sich oft wie ein Verbrecher, meint beispielsweise der Kulturwissenschaftler Boris Paramonow.1

Auch der bekannte russische Regisseur Andrej Swjaginzew weist mit seinem preisgekrönten Film Leviathan auf den verbrecherischen Aspekt der Wlast hin. Der Protagonist lehnt sich hier zwar gegen die Wlast auf, zeigt sich am Ende aber ohnmächtig. Alles bleibt scheinbar beim Alten: Die Macht des Stärkeren siegt, und „das Volk bleibt stumm“.

„Das Volk bleibt stumm“

Dieser oft zitierte Schlusssatz stammt aus Alexander Puschkins Drama Boris Godunow aus dem 19. Jahrhundert. Der Begriff Wlast hat sich über Generationen in seiner Bedeutung geformt und verstetigt. Heute repräsentiert er sowohl im kremlnahen Diskurs als auch für viele Kulturkritiker eine wichtige Eigenschaft des Staat-Bürger-Verhältnisses in Russland. Demnach ist Wlast eine Einbahnstraße: Die Machthaber haben sie, die Bürger sind apolitisch, sie sind wie bei Puschkin eine „schweigende Mehrheit“.2

Stimmt also das gängige kulturalistische Klischee, dass in Russland schon immer eine Untertanenmentalität geherrscht habe? Wohl kaum. Das Schweigen während der Zarenzeit und in der Sowjetunion entsprang der eigenen Angst, es kam durch Unterdrückung zustande. Das Schweigen heute erklärt sich auch aus dem sogenannten Gesellschaftsvertrag: Der Kreml sorgt für Stabilität und wirtschaftliche Prosperität, dafür mischen sich die anderen gesellschaftlichen Akteure nicht in die Politik ein, so die verkürzte Version dieses theoretischen Modells. 

Historismus und Historiosophie

Wie ist es zu erklären, dass viele Wissenschaftler den Grundstein für diesen Gesellschaftsvertrag in den 1990er Jahren verorten? Ähnlich wie in der Weimarer Republik oder im postfranquistischen Spanien wurde im damaligen Russland eine gesamtgesellschaftliche Orientierungslosigkeit diagnostiziert. Der Zusammenbruch des Kommunismus führte demnach zu einem „Werte-Vakuum“, beziehungsweise zu einer „Identitätskrise“ oder eben einem „Weimar-Syndrom“.3

Kann eine ganze Gesellschaft tatsächlich in eine „Identitätskrise“ geraten? Schwer vorstellbar, zumindest kann man das nicht wissenschaftlich nachweisen. Trotz dieser Unzulänglichkeit schien kaum ein Wissenschaftler in Russland an dem „Werte-Vakuum“ der 1990er Jahre zu zweifeln. Und auch die Folge war für viele klar: Das Vakuum müsse mit neuen Werten gefüllt werden. Dabei suggerierten manche Sinnangebote, dass diese Werte nur in Russlands Vergangenheit gefunden werden können. 

Tatsächlich erlebte Russland in den 1990er Jahren einen regelrechten Nachfrageboom nach allem Historischen. Viele neue Bücher kamen heraus, Auflagen schnellten in die Höhe, sodass manche Wissenschaftler schon von einem umfassenden Historismus sprachen.4 Der russische Historiker Alexej Miller konstatiert, dass dabei die Historiosophie zur populärsten Form der Geschichtsschreibung in Russland wurde.5

Oft dargestellt als ein geschichtswissenschaftliches Denkschema unter anderen, entbehrt die Historiosophie de facto jeder Wissenschaftlichkeit, denn in dieser Theorie ist alles pfadabhängig, die Geschichte ganzheitlich und unverbrüchlich. Und weil Russen schon immer die Staatsmacht sakralisiert hätten, müssten ihre „paternalistischen Erwartungen“ erfüllt werden, um den „historischen Sinn“ des Landes wiederherzustellen, so die vereinfachte historiosophische Erklärung für das Phänomen einer allgegenwärtigen und absoluten Wlast.6 Historiker wie Alexej Miller sehen in der Historiosophie einen „Gegenstand des Glaubens“ und nicht der „kritischen Analyse“.7

„Auf die Vergöttlichung der Wlast!“

Dass Analyse in Russland ohnehin nur eine Nebenrolle spiele, meint dagegen Wladislaw Surkow, der einstmals als Chef-Ideologe des Kreml galt. In seinem Schlüsseltext Russische Politische Kultur aus dem Jahr 2007 schrieb er, dass „die Synthese in unserer kulturellen Praktik vor der Analyse herrscht, die Bildlichkeit vor Logik, Intuition vor Vernunft, das Allgemeine vor dem Konkreten“.8

„Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt“ – so ungefähr kommentierte der damalige Politiker Nikita Belych Surkows Programm: Der Spindoktor konstruiere einen „unverrückbaren Archetypus der russischen archaischen Wlast“ und schaffe erst durch diese Konstruktion Tatsachen.9

Vielleicht schaffte Surkow auch Tatsachen, nachdem er bei der Feier des ersten Wahlerfolgs Putins im Jahr 2000 das Glas hob und dazu aufrief, „auf die Vergöttlichung der Wlast!“10 zu trinken? Vieles spricht für diese These, zumal autoritäre Systeme sehr oft über eine Mischung von personalisierten und meritokratischen Elementen legitimiert werden.11 Meritokratisch bedeutet, dass der Herrscher sich über seine besonderen Verdienste definiert. Oder definiert wird – so sprechen die staatsnahen Medien oft über die Verdienste Putins: Er habe das Land „von den Knien erhoben“, auf denen es in den 1990er Jahren lag, so das häufigste Motiv. Auch Patriarch Kirill arbeitete am „Charisma des nationalen Leaders12 als er die 1990er Jahre mit „Hitlers Aggression“ und der „Smuta“ verglich, den Ausgang daraus als Putins Verdienst lobte und dessen Führung als „Gotteswunder“ pries.13

Allgegenwärtig und unsichtbar

Vielleicht ist eine solche Sakralisierung auch der wichtigste Grund dafür, dass der Begriff Wlast eigentlich nicht klar eingegrenzt werden kann: Wlast ist gleichzeitig allgegenwärtig und unsichtbar, monopolisiert und zerstreut. Der gravierende Mangel an funktionierenden politischen Institutionen könnte ein anderer Grund sein, er könnte aber auch mit dem ersten zusammenhängen.

Manche Wissenschaftler sind überzeugt, dass die meisten Russen den Staat ohnehin nicht als ein System von Institutionen begreifen, sondern als Volk, Kultur, Geschichte, soziale Beziehungen und Heimat.14 Wlast ist nur ein Teil dieser Heimat, nicht mehr.

Ausgehend vom russischen Philosophen Nikolaj Berdjajew glauben auch heute noch viele Kulturwissenschaftler, dass Russen das „staatsloseste Volk“ seien, das zugleich eine sehr „mächtige Staatlichkeit“ schaffte. Dass sie sich als das „anarchischste Volk“ willig dem Bürokratieapparat unterwerfen.15

Diese Widersprüche seien Teil des großen Mysteriums, das oft als die „geheimnisvolle russische Seele“ beschrieben wird – ein ursprünglich literarisches Motiv, das auch heute verschiedenartig gedeutet wird: Viele konservative Sinnerzeuger bemühen es seit dem Ende der Sowjetunion immer wieder gerne, um ihre Argumente für die russische Samobytnost zu stützen, Russlands Eigenartigkeit, die für sie oftmals auch eine Untertanenmentalität enthält. Manche Kritiker betonen vor allem das Anarchische – das Volk bleibt zwar auch für sie stumm, im Inneren sei es aber (wie bei Puschkin) von tiefem Mißtrauen und Schuldzuweisungen gegenüber der Wlast erfüllt.

Auch Putin philosophierte schon über das Geheimnis.16 Angeblich soll Berdjajew neben Dostojewski zu seiner liebsten Nachtlektüre gehören. Der französische Philosoph Michel Eltchaninoff vermerkte dazu in seinem Buch In Putins Kopf, dass diese Lektüre jedoch oberflächlich sei: Dostojewski habe Russland insgesamt als Teil Europas gesehen, Berdjajew betonte individuelle Freiheiten – beides stehe in Konflikt zu Putins Politik.17


1.vgl. svoboda.org: Dva kita Andreja Zvjaginceva
2.vgl. Byzov, Leontij (2011): Ėpocha Putina: ot krizisa cennostej k krizisu institutov und Miller, Alexej (2007): Imperija v sebe: O vozraždenie imperskogo sindroma v Rossii, in: Fond „Liberal’naja Missija“: Posle imperii, S. 102-123
3.vgl. golos-ameriki.ru: Shevcova: „Vneshnaja politika dlja kremlja stala instrumentom vnutrennich zadač“ und Kaspė, Irina/Kaspė, Svjatoslav (2006): Pole bitvy – strana: Nation-Building i nashi nėjshnbildery, in: Neprikosnovennyj zapas №6 (50)
4.vgl. zum Beispiel Rastimeshina, Irina (2013): Politika Rossijskogo gosudarstva v otnoshenii kul’turnogo nasledija cerkvi: tradicionnye podchody i innovacionnye technologii, S. 137
5.Miller, Alexej (2008): Istorija imperij i politika pamjati, in: Fond „Liberal’naja Missija“: Nasledie imperi i buduščee Rossii, S. 25-58, hier S. 25
6.vgl. Baranov, Alexej (2008): Političeskie otnoshenija i političeskij process v sovremennoj Rossii: Avtorskij kurs lekcij, S. 216ff. und Miller, Alexej (2008): Nasledie imperij: inventarizacija, in: Fond „Liberal’naja Missija“: Nasledie imperij i buduščee Rossii, S. 5-22
7.vgl. Miller, Alexej (2008): Nasledie imperij: inventarizacija, in: Fond „Liberal’naja Missija“: Nasledie imperij i buduščee Rossii, S. 5-22, hier S. 7
8.Surkov, Vladislav (2007): Russkaja političeskaja kul’tura: Vzgljad iz utopii, in: Nezavisimaja Gazeta: Lekcija Vladislava Surkova: Materialy i obsuždenija v „Nezavisimoj Gazete“,  S. 6-22, hier S. 8
9.Belych, Nikita (2007): Ideologija suverennoj bjurokratii, in: Nezavisimaja Gazeta: Russkaja političeskaja kul’tura: Vzgljad iz utopii: Lekcija Vladislava Surkova: Materialy i obsuždenija v „Nezavisimoj Gazete“, S. 72-78, hier S. 74f.
10.zit. nach: Pavlovskij, Gleb (2014): Sistema RF v vojne 2014 goda: De Principatu Debili, S. 69
11.vgl. Albrecht, Holger/Frankenberger, Rolf (2010): Autoritarismus Reloaded: Konzeptionelle Anmerkungen zur vergleichenden Analyse politischer Systeme, in: dies.: Autoritarismus Reloaded, S. 37-60, hier S. 57f.
12.zum Begriff vgl. Sakva, Richard (2008): Putin i vlast’ protivorečij, in: RAN. INION: Dva prezidentskich sroka V. V. Putina: dinamika peremen: Sbornik naučnych trudov, S. 10-31
13.zit. nach: stoletie.ru:  „Cerkov’ vsegda byla s narodom“
14.vgl. vedomosti.ru: Rossijskaja smyslovaja matrica
15.Berdjajew, Nikolaj: Sud’ba Rossii
16.YouTube: V. Putin o russkoj duše
17.vgl. inosmi.ru: Idejnye istočniki Vladimira Putina, i kuda on klonit
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Präsidentenrating

Das Präsidentenrating wird in national repräsentativen Meinungsumfragen anhand der Frage „Stimmen Sie der Tätigkeit von [Name des jeweils amtierenden Präsidenten – dek.] als Präsident der Russischen Föderation zu?“ gemessen. Während in den 1990ern Boris Jelzins Zustimmung kontinuierlich sank, verzeichnet Wladimir Putin durchgängig Zustimmungswerte von über 60 Prozent, welche bei außenpolitischen Konflikten Höchstwerte erzielen und bei Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung meist etwas zurückgehen.

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