Es ist Dienstag, 10. März 2020, eigentlich will die russische StaatsdumaAls Staatsduma wird das 450 Abgeordnete umfassende Unterhaus der Föderalen Versammlung Russlands bezeichnet. Im Verhältnis zu Präsident und Regierung nimmt die Duma verfassungsmäßig im internationalen Vergleich eine schwache Stellung ein. Insbesondere das Aufkommen der pro-präsidentiellen Partei Einiges Russland führte dazu, dass die parlamentarische Tätigkeit zunehmend von Präsident und Regierung bestimmt wurde. Mehr dazu in unserer Gnose über die geplante Verfassungsänderung abstimmen. Die Zukunft des amtierenden Staatspräsidenten Putin nach der Wahl 2024 scheint unklar, laut VerfassungIm Dezember 1993 trat die russische Verfassung in Kraft. Heute hält sie rund ein Drittel der russischen Bürger für unbedeutend, für 27 Prozent existiert sie nur auf dem Papier. Warum die Verfassung demgegenüber aber doch nicht ganz funktionslos ist, das erklärt Caroline von Gall. Mehr dazu in unserer Gnose darf er nicht mehr kandidieren. Dennoch beschäftigen sich die Abgeordneten routiniert mit den von ihm eine Woche zuvor eingebrachten Vorschlägen. Bis die Abgeordnete Valentina TereschkowaAm 10. März 2020 hat sich die russische Staatsduma zunächst mit der geplanten Verfassungsänderung beschäftigt, die zunächst keine Verlängerung der Amtszeiten russischer Präsidenten vorsah. Während der Diskussion brachte die Abgeordnete Valentina Tereschkowa (geb. 1937) einen Vorschlag ein: Die verfassungsmäßige Begrenzung der Amtszeiten für den russischen Präsidenten könne man einfach auf Null setzen, so Tereschkowa. Damit könne Putin wieder zum Staatschef gewählt werden. Tereschkowa, eine bekannte und geschätzte Person des öffentlichen Lebens, die 1963 als erste Frau im Weltall war, verwies in ihrer Rede auf viele Briefe von russischen Bürgern, die sie bekommen habe: Diese Briefe, so die Abgeordnete, hätten sie auf diese Idee gebracht. eine aufsehenerregende Idee in die Diskussion einbringt:
„Warum es so verworren und kompliziert machen, wozu all die unnötige Mühe mit künstlichen Konstruktionen?“, fragt Tereschkowa, die 1963 als erste Frau im WeltallDas Raumfahrtprogramm der UdSSR startete am 4. Oktober 1957 mit einem Satelliten, der später als Sputnik (dt. u. a. Weggefährte) in die Geschichte eingegangen ist. In der darauffolgenden Dekade überholte die Sowjetunion sichtbar die USA und wies viele spektakuläre Erfolge auf: Erster Mensch im Kosmos, die erste Raumsonde Richtung Mars, die Installation des ersten meteorologischen Satelliten, der erste Satellit zur Fernsehübertragung, der erste Ausstieg eines Menschen ins freie All etc. Das Raumfahrprogramm war ein starkes propagandistisches Mittel, das die Überlegenheit des kommunistischen Systems deutlich machen sollte. Gleichzeitig bedeutete das Programm auch ein Wettrüsten, an dessen Kosten nicht zuletzt die Sowjetunion zugrunde gehen sollte. Mehr dazu in unserer Gnose war. Es gebe doch eine einfache Lösung: Die verfassungsmäßige Begrenzung der Amtszeiten für den russischen Präsidenten zu annullieren, damit Putin wieder zum Staatschef gewählt werden kann.
Tereschkowa, eine bekannte und geschätzte Person des öffentlichen Lebens, ist in der Duma bislang nicht als Verfassungsrechtlerin aufgefallen, insgesamt blieb sie in der russischen Politik eher unscheinbar. Ihr Vorschlag aber platzt wie eine Bombe in den Reihen der Abgeordneten. Der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw WolodinWjatscheslaw Wolodin war von Dezember 2011 bis Oktober 2016 erster stellvertretender Leiter der Präsidialadministration, in der er nach langjähriger regional- und parteipolitischer Karriere für Innenpolitik verantwortlich war. In dieser Eigenschaft war Wolodin bestrebt, Russland nach außen als nicht-westliche Demokratie zu legitimieren, nach innen – nach den Protesten 2011/12 – auf föderaler und regionaler Ebene das Parteiensystem um die Exekutive zu konsolidieren und oppositionelle Akteure zu marginalisieren. Im Oktober 2016 wurde Wolodin zum Vorsitzenden der Staatsduma gewählt. Mehr dazu in unserer Gnose , ruft schleunigst den Staatschef an, der schon kurze Zeit später in der Duma erscheint, um eine Rede zu halten. Im Prinzip, sagt Putin, wäre die Annullierung der Amtszeiten möglich, aber nur, wenn das Verfassungsgericht sie als verfassungskonform bestätigt. Außerdem müsse auch das Volk demokratisch darüber entscheiden, bei der AbstimmungAm 16. Januar 2020 hat Wladimir Putin vorgeschlagen, eine Volksabstimmung zu den tags zuvor verkündeten Verfassungsreformen durchzuführen. Diese sollte am 22. April 2020 stattfinden, wurde Ende März jedoch wegen der Ausbreitung des Corona-Virus zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Anfang Juni hat Präsident Putin die Abstimmung für den 1. Juli 2020 angesetzt. Viele russische Menschenrechtler kritisieren das Vorhaben und fordern unter anderem ein Referendum, an dem sich – anders als bei einer Volksabstimmung – mindestens 50 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen müssen, damit es gültig ist. am 22. April.
Schon bevor die Duma mehrheitlich für die scheinbar überraschende Verfassungsänderung stimmt, bricht in Russland eine hitzige Diskussion los: Ist die Volte Teil eines sorgsam orchestrierten Plans, den Putin am 15. Januar mit seiner Idee von der VerfassungsänderungBystro #12: Was plant Putin? Am Mittwoch, 15. Januar 2020, überschlagen sich die Ereignisse: Putin regt eine Reihe von Verfassungsänderungen an (über die die Bürger in einem Referendum abstimmen sollen), dann tritt die Regierung zurück und auch Premier Medwedew, für den ein Nachfolger präsentiert wird. Was geht da vor im Kreml? Ein Bystro von Jens Siegert in fünf Fragen und Antworten.
lostrat, oder ist sie aus der Not geboren? Was könnte den Präsidenten dazu getrieben haben, diesen Vorschlag vorbringen zu lassen: Gefahr, die aus dem Westen droht, Angst vor Machtverlust – oder gar das Coronavirus? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.
Novaya Gazeta: Alle Hemmungen fallen gelassen
Kirill Martynow konstatiert in der Novaya Gazeta, dass Putins „eleganter“ Plan, bis 2024 einen geregelten Machttransfer zu vollziehen und dennoch faktisch an der Macht zu bleiben, nun einer plumpen Lösung weicht:
Deutsch
Original
Der Kreml hat in Bezug auf die Verfassung alle Hemmungen fallen gelassen: Putin ist bereit, so lange an der Macht zu bleiben, wie er und die von ihm selbst ernannten Richter des Verfassungsgerichts das für nötig halten.
У Кремля больше нет никаких конституционных комплексов: Путин готов находиться на своем посту столько, сколько сочтет нужным он сам и назначенные им же судьи КС.
erschienen am 10.03.2020, Original
TASS: Annullierung? Welche Annullierung?
Pawel Krascheninnikow, Ausschussvorsitzender der Staatsduma für Staatsaufbau und Gesetzgebung, bewertet die Lösung als verfassungsgemäß – schließlich sollen die Bürger darüber abstimmen:
Deutsch
Original
Es gibt da keine Annullierung [...]. Die Verfassungsänderungen werden zur Volksabstimmung vorgelegt. Und wenn die Bürger dem zustimmen, dann kann er nochmal Kandidat werden. Und das wird in einem Artikel der Verfassung sowie in einem Artikel der Übergangsbestimmungen verankert.
Ну нет там обнуления [...]. Поправки выносятся на общероссийское голосование. И если граждане это поддерживают, то он еще раз может стать кандидатом. И это будет записано в одной статье Конституции и в одной статье переходных положений.
erschienen am 11.03.2020, Original
Meduza: Die äußere Gefahr bestimmt den Kurs
Meduza zitiert einen anonymen Informanten aus der PräsidialadministrationDie Präsidialadministration (PA) ist ein Staatsorgan, das die Tätigkeit des Präsidenten sicherstellt und die Implementierung seiner Anweisungen kontrolliert. Sie ist mit beträchtlichen Ressourcen ausgestattet und macht ihren Steuerungs- und Kontrollanspruch in der politischen Praxis geltend. Mehr dazu in unserer Gnose . Dieser meint, dass Putin bei seiner Entscheidung von SilowikiSilowiki ist ein Sammelbegriff für Amtspersonen aus Sicherheitsorganen des Staates. Seit den späten 1990er Jahren hat ihr Einfluss stetig zugenommen. Unter Putin gehören sie zu den einflussreichsten Akteuren innerhalb der russischen Elite. Mehr dazu in unserer Gnose wie Nikolaj PatruschewNikolaj Patruschew (geb. 1951) war als Nachfolger Wladimir Putins von 1999 bis 2008 Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB. Seit 2008 ist Patruschew Vorsitzender des Sicherheitsrats – ein Gremium, das aus den wichtigsten Politikern und Funktionären des Landes besteht. und Alexander BortnikowSeit 2008 Leiter (geb. 1951) des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. Seit Juli 2014 steht er aufgrund der russischen Politik im Zuge der Ukraine-Krise auf der Sanktionsliste der EU und ist mit einem Einreiseverbot belegt. Im Jahr 2007 wurde bekannt, dass Bortnikow angeblich einer der Drahtzieher der Ermordung Alexander Litwinenkos gewesen sein soll. gedrängt wurde:
Deutsch
Original
‚Die äußere Gefahr bleibt und nimmt zu, ein Machttransfer in einer solchen Situation ist gefährlich. Man hat den Präsidenten davon überzeugt, dass er sich durch eine Annullierung absichern sollte, damit er die Möglichkeit hat, [im Amt – dek] zu bleiben. Und dass es besser wäre, er bliebe.‘
«Внешняя угроза сохраняется и растет, транзит власти в таких условиях опасен, они убеждали президента „подстраховаться“ через обнуление, что надо оставить возможность остаться. И лучше бы остаться»
erschienen am 10.03.2020, Original
Echo Moskwy: In einem Krieg wechselt man nicht den Befehlshaber
Auch der kremlnahe Politologe Sergej MarkowSergej Markow (geb. 1958) ist Professor für Politikwissenschaft am Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO). Zwischen 2007 und 2011 war er Abgeordneter der Staatsduma. Markow gilt als ein Vertrauter des Präsidenten Wladimir Putin. bemüht die Propagandaformel der belagerten Festung: Der Westen führe einen Krieg gegen Russland, das russische Volk sei verängstigt und dürste mehr denn je nach einem starken LeaderPutins Bezeichnung als „nationaler Leader“ wurde von der Regierungspartei Einiges Russland in der Kampagne für die Dumawahl 2007 eingeführt. :
Deutsch
Original
Der OberbefehlshaberNach Artikel 87 der russischen Verfassung ist der Präsident zugleich Oberbefehlshaber der russischen Armee. darf während des hybriden KriegesAls hybrider Krieg werden allgemein Kriegsformen bezeichnet, in denen offene (militärische) sowie verdeckte Kriegsmittel (Desinformationskampagnen, Cyberattacken) kombiniert zum Einsatz kommen. Obwohl der Begriff derzeit oft für das Vorgehen Russlands in der Ukraine und in einem weiteren Sinne für russische Maßnahmen „gegen den Westen“ gebraucht wird, ist seine Anwendbarkeit in diesem Zusammenhang umstritten. Ein hybrider Krieg im eigentlichen Sinne würde ein systematisches, interessengeleitetes und zielgerichtetes Vorgehen voraussetzen – dass dieses bei den russischen Aktivitäten vorliegt, ist strittig. Auch in Russland werden als aggressiv wahrgenommene westliche Initiativen gelegentlich unter diesen Begriff gefasst. Manche Experten kritisieren, dass der Begriff ein hohes Potenzial zu verbaler Eskalation berge. gegen Russland nicht ausgewechselt werden, das ist der Wille des Volkes. Das ist die Logik der Geschichte. Wenn also der Westen seinen hybriden Vernichtungskrieg gegen Russland fortsetzt, den er seit 2013 führt, [...] dann wird das russische Volk wollen, dass Putin an der Macht bleibt ...
Главнокомандующий во время гибридной войны против России меняться не должен, такова воля народа. Такова логика истории. Поэтому если Запад продолжит свою гибридную войну на уничтожение России, которую он ведет, начиная с 13-го года, [...] тогда народ России, чтобы Путин остался у власти…
erschienen am 11.03.2020, Original
Facebook/Grigori Golossow: Angst vor dem Nachfolger
Der Politikwissenschaftler Grigori GolossowGrigori Golossow (geb. 1963) ist einer der renommiertesten Politologen Russlands. In den frühen 1990er Jahren lehrte und forschte er an verschiedenen Universitäten im Ausland. Seit 1996 ist Golossow an der Europäischen Universität Sankt Petersburg, wo er 2011 zum Professor für Vergleichende Politikwissenschaft und später zum Dekan der politikwissenschaftlichen Fakultät wurde. Seit den späten 1990er Jahren hat Golossow hunderte Beiträge in wissenschaftlichen und auch in journalistischen Medien veröffentlicht, er gehört zu den meistzitierten Politikwissenschaftlern des Landes. glaubt, dass Putins Entscheidung improvisiert war. Der ursprüngliche Plan barg für den Präsidenten große Gefahren, meint der Dekan der Politikwissenschaftlichen Fakultät an der Europäischen Universität Sankt PetersburgDie private Europäische Universität Sankt Petersburg wurde 1994 gegründet. Sie zählt auf dem Gebiet der Sozial- und Geisteswissenschaften zu den besten Lehreinrichtungen Russlands. Die Hochschule bildet vor allem Masterstudenten und Doktoranden aus. Seit 2008 steht die Universität unter Druck von Behörden. Damals wurde sie kurzzeitig wegen unzureichender Brandschutzmaßnahmen geschlossen. Im März 2017 setzte das Sankt Petersburger Schiedsgericht ihre Lehrlizenz aus. Mit einer neuen Lizenz ist die Universität seit 2018 wieder in der Lehre aktiv.:
Deutsch
Original
Ich nehme an, dass die
kasachische VarianteDebattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin? Überraschend ist der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew zurückgetreten. In russischen Medien wird nun diskutiert, inwiefern sich dieses Modell des Machttransfers auch für Putin eignen könnte. dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte.
, mit [Putin als Chef des]
StaatsratDer Staatsrat der Russischen Föderation ist ein Beratungsorgan des Präsidenten. Er ist nicht in der russischen Verfassung verankert, gilt jedoch wegen seiner Zusammensetzung als ein wichtiges Gremium: Der Präsident sitzt dem Staatsrat vor, zu seinen Mitgliedern gehören unter anderem die Vorsitzenden der höchsten Exekutivorgane der Föderationssubjekte Russlands. , lange Zeit ernsthaft erwogen wurde. Irgendwann (vielleicht sogar erst letzte Woche) hat Putin aber erkannt, dass er keinen Kandidaten finden würde, den er einerseits ernsthaft für das Präsidentenamt aufstellen könnte und der ihn andererseits nicht bei der ersten Gelegenheit aus dem Staatsrat entlassen würde. Putin hatte schlicht Angst. Ihm wurde klar, dass es nicht die Zeit ist, einen Wettbewerb mit
NasarbajewNursultan Nasarbajew (geb. 1940) war 1990 bis 2019 Präsident Kasachstans. Unter seiner Führung erlebte das Land einen Wirtschaftsaufschwung und öffnete sich für westliche Investoren. Zugleich hielt Nasarbajew engen Kontakt zu Russland. Er steht im Verdacht erheblicher Korruption, so wird ihm die Annahme von Schmiergeld von US-Ölkonzernen vorgeworfen. Nasarbajew und seine Angehörigen genießen in Kasachstan jedoch seit 2011 lebenslange Immunität vor Strafverfolgung. Nach seinem Rücktritt im März 2019 bleibt Nasarbajew Vorsitzender der Partei Nur Otan, Chef des Sicherheitsrats und sogenannter Elbassy – Leader der Nation. Das lebenslange Amt ist mit einer enormen Machtfülle verbunden, damit kann Nasarbajew theoretisch weiterhin allein die Politik des Landes bestimmen. zu veranstalten, wer jetzt cooler ist: Es ist wichtiger, jetzt auf sich selbst aufzupassen.
Я так понимаю, что казахстанский вариант с Госсоветом довольно долго рассматривался как приоритетный, но в какой-то момент (возможно, даже на прошлой неделе) Путин понял, что он не найдет такого кандидата, которого, с одной стороны, он мог бы всерьез выдвинуть в президенты, а с другой стороны, который не уволил бы его с Госсовета при первой возможности. Просто испугался. Понял, что не время тягаться с Назарбаевым в крутизне, важнее позаботиться о себе.
erschienen am 10.03.2020, Original
Facebook/Kirill Rogow: Coronavirus hilft Putin
Auch der Politologe Kirill RogowKirill Rogow (geb. 1966) ist ein russischer Politologe, Philologe und Journalist. Von 1998 bis 2002 war Rogow Chefredakteur des von ihm mitbegründeten Nachrichten- und Wissenschaftsportals Polit.ru. Von 2005 bis 2007 arbeitete er als stellvertretender Chefredakteur der Zeitung Kommersant und bis 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Gaidar Institut der ökonomischen Politik sowie als Kolumnist für Vedomosti und Novaya Gazeta. ist sich sicher, dass Putins Entscheidung nicht orchestriert war. Geboren sei sie vielmehr aus einer für den Präsidenten günstigen Gelegenheit:
Deutsch
Original
Es war improvisiert. Putin hatte sich allem Anschein nach davor gefürchtet, jetzt anzukündigen, dass er bleibt. Er hatte Angst vor Massenprotesten. Er fürchtete sich vor einer Konsolidierung [der Opposition – dek]. Aber dann wurde ihm nahegelegt, auf das Coronavirus zu setzen: Die Überlegung, dass das Coronavirus ein guter Helfer ist, um Massenproteste zu verhindern. Es erzeugt Ängste bei den Menschen und liefert einen guten Vorwand, um Demonstrationen zu verbieten.
Это была импровизация. Объявлять сейчас о том, что он остается, Путин, по всей видимости, боялся. Боялся массовых манифестаций. Боялся точки консолидации. Но тут ему принесли план с коронавирусом - рассуждение о том, что коронавирус хорошее подспорье в предотвращении массовых протестов - и страхи людей, и хорошая отмазка для запрета манифестаций.
erschienen am 10.03.2020, Original
Facebook/Dimitri Gudkow: Putinsche Nebelkerzen
Der Oppositionspolitiker Dimitri GudkowDimitri Gudkow (geb. 1980) war von 2011 bis 2016 Abgeordneter der Staatsduma. Wegen seiner Mitwirkung bei oppositionellen Protestaktionen wurde er 2013 aus der Fraktion von Gerechtes Russland ausgeschlossen. Bei den Moskauer Kommunalwahlen 2017 gewann die von ihm initiierte oppositionelle Koalition 266 von 1502 Sitzen. Gudkow wollte 2018 bei der Moskauer Oberbürgermeisterwahl kandidieren, konnte jedoch nicht genügend Unterstützer-Unterschriften für sich gewinnen. glaubt dagegen, dass die im Januar angekündigte Verfassungsreform nur vom Wesentlichen ablenken sollte. In diesem Schauspiel sei der Vorschlag von Valentina Tereschkowa Teil eines orchestrierten Szenarios:
Deutsch
Original
Das heißt, dieses ganze unanständige Hin und Her mit der Verfassung ist allein wegen dieses einen Moments heute angezettelt worden: für zwei neue Amtszeiten Putins. Tereschkowa, die Stalin noch gut in Erinnerung hat, hat Putin nicht hängen lassen.
То есть вся эта неприличная возня с Конституцией затевалась ради одного сегодняшнего момента: двух новых сроков Путина. Терешкова, хорошо помнящая еще Сталина, не подвела.
erschienen am 10.03.2020, Original
Geopolitiкa: Weltweites Ende des Liberalismus
Alexander DuginAlexander Dugin (geb. 1962) gehört zu den bekanntesten und schillerndsten geostrategischen Intellektuellen in Russland. Nach einem kurzen Flirt mit Eduard Limonows Nationalbolschewismus etablierte sich Dugin zu Beginn der 2000er Jahre als Vordenker eines russisch dominierten Neo-Eurasismus. Mehr dazu in unserer Gnose gehört zu denjenigen Intellektuellen in Russland, denen eine Nähe zum neofaschistischen Gedankengut nachgesagt wird. Putins Entscheidung bewertet der Ideologe zweideutig: Es werde zwar keine Gerechtigkeit unter Putin geben, weil dieser laut Dugin unter anderem nicht nationalistisch genug sei. Dafür werde Russland unter Putin dem Westen aber weiterhin die Stirn bieten können:
Deutsch
Original
Die Politik in Russland wird bis 2036 abgeschafft, wenn vorher nichts geschieht: etwas Coronavirus-Artiges oder etwas ähnlich Unberechenbares. [...] Die bedrohliche Beschwörungsformel des „
langwährenden StaatesSurkow: „Der langwährende Staat Putins“ „Kreml-Chefideologe\" Wladislaw Surkow sorgt derzeit mit einem Text für Aufsehen, in dem er den Putinismus als globalen politischen Lifehack bezeichnet. Was er damit meint, hat er bereits in seinem programmatischen Artikel vom Februar gesagt: dekoder stellt einzelne Textabschnitte daraus in einen größeren Kontext und bringt Ausschnitte aus der Debatte russischer Liberaler. (Archiv-Text)
“ wird real. Ja, jetzt ist klar, in welchem Sinne er langwährend sein wird ... Richtig, er ist langwährend, nämlich im Sinne von „praktisch ewig“ ... [...]
Es wird keine Proteste geben, oder es wird welche geben, die leichterdings durch einen einfachen Verweis auf ihren pro-westlichen liberalen Charakter erstickt werden können. Und der Liberalismus ist nicht nur bei uns, sondern einfach überall zusammengebrochen. Jetzt geht es nur noch um eine geschlossene Gesellschaft und chinesischen Zentralismus.
Политика в России отменена до 2036 года, если раньше ничего не случится коронавирусного или аналогично непредсказуемого.[...] Сбывается угрожающее заклинание про «долгое государство». Да, теперь понятно, в каком смысле оно будет долгим… Правда, это долго – в смысле практически «вечно»…
[...]
Протестов не будет или будут такие, которые легко заглушить простым указанием на их прозападную либеральную природу. А либерализм рухнул окончательно не только у нас, но просто везде. Теперь только закрытое общество и китайский централизм имеют значение.
erschienen am 10.03.2020, Original
Vedomosti: Putin forever
Das System Putin habe nun auch seine letzte Maske fallen lassen, meint die Redaktion von Vedomosti:
Deutsch
Original
Die vorgeschlagenen Änderungen stärken das hyperpräsidentielle, fast monarchische Machtmodell, bei dem die Imitation von Wahlen nicht verhindert, dass es praktisch jahrzehntelang von ein und derselben Person aufrechterhalten wird. Die erste Generation der unter Putin geborenen Russen könnte bereits am 22. April an der landesweiten Volksabstimmung teilnehmen. Die Verfassungsänderung, die ihnen zur Abstimmung vorgelegt wird, bedeutet: Auch ihre Kinder könnten allein unter Putin geboren werden und aufwachsen.
Предложенные поправки укрепляют гиперпрезидентскую, близкую к монархической модель власти, в которой имитация выборов не мешает ее сохранению одним и тем же человеком в течение теперь уже фактически десятилетий. Первое поколение россиян, родившееся при Путине, уже может прийти на общероссийское голосование 22 апреля. Поправки, за которые им будет предложено проголосовать, означают, что и их дети могут родиться и вырасти при нем же.
erschienen am 11.03.2020, Original
Zusammenstellung: dekoder-Redaktion
Übersetzung: Hartmut Schröder, dekoder-Redaktion