Медиа
Гнозы
en

Marietta Tschudakowa

Marietta Tschudakowa (1937–2021) war Professorin für Literaturwissenschaften und in Russland darüberhinaus auch als Historikerin und Publizistin bekannt. Sie war in der politischen Opposition aktiv, in der sie zu den liberalen Kräften gezählt wurde.

Marietta Tschudakowa (1937–2021) beschäftigte sich am Maxim-Gorki-Literaturinstitut mit der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts. In Russland war sie vor allem als ausgewiesene Bulgakow-Expertin einem breiteren Publikum vertraut. Tschudakowa leitete die Bulgakow-Stiftung und war Mitglied des russischen Schriftstellerverbands.

Regelmäßige Kritikerin der politischen Verhältnisse

Marietta Tschudakowa nutzte ihr hohes Ansehen und die Autorität, die sie in Russland genoss, regelmäßig für öffentliche Kritik an den politischen Verhältnissen. In den 1980er Jahren unterhielt sie Kontakte zu Dissidentenkreisen und kritisierte die sowjetische Führung, was sie mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bezahlte.

Von 1994 bis 2000 saß sie im Rat des Präsidenten, einem ständigen Beratungsgremium von Präsident Jelzin, das aus 28 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bestand und von Putin aufgelöst wurde. Putins souveräne Demokratie und seinen zunehmend autokratischen Regierungsstil kritisierte Tschudakowa mehrfach. Besonders erwähnt sei ihr prämierter Aufsatz Gab es bereits einen August oder wird es ihn erst noch geben?1, der 2006 erschien und als liberales Manifest gilt. Darin thematisiert sie den demokratischen Widerstand gegen den Augustputsch von 1991. In diesem Zusammenhang kritisiert sie die vom Staat forcierte Verdrängung des Widerstandes aus dem kollektiven Gedächtnis.

Politisches Engagement

Bei den Dumawahlen 2007 trat Tschudakowa für Boris Nemzows Oppositionspartei SPS an, gelangte jedoch nicht ins Parlament, da die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.

Zuletzt an die Öffentlichkeit trat sie 2010 als Unterzeichnerin des Aufrufs Putin muss gehen!, der von Kulturschaffenden und Aktivisten initiiert wurde, sowie 2014 mit einer Solidaritätserklärung russischer Filmschaffender mit der Ukraine.

Aktualisiert am 22.11.2021


 1.Čudakova, Marietta (2006): Byl Avgust ili tol'ko eščė budet?, in: Znamja 2006 (8), Moskau
Пожертвовать
читайте также
Gnose

Mitja Aleschkowski

Aleschkowski ist ein Fotograf, Blogger und Aktivist. In Russland wurde er 2012 bekannt, als er durch seine Koordination wesentliche Hilfe bei einer verheerenden Flutkatastrophe leistete. Anschließend baute er in Russland eine erfolgreiche zivilgesellschaftliche Hilfsorganisation auf.

Gnose

Lew Tolstoi

Die Leser „dazu zu bringen, das Leben in all seinen unzähligen und unerschöpflichen Erscheinungen zu lieben“ – darin sah Lew Tolstoi seine Aufgabe. Über den Schriftsteller, der am 20. November 1910 verstorben ist, sich seiner Zeit entgegenstellte und gleichzeitig zum Monument seiner Epoche geworden ist, schreibt Olga Sliwizkaja.

Gnose

Alexej Nawalny

Alexej Nawalny ist in Haft gestorben. Er wurde in mehreren politisch-motivierten Prozessen zu langjähriger Strafe verurteilt. Aus der Strafkolonie hat er mehrmals über unmenschliche Haftbedingungen berichtet.  

Gnose

Weißes Band

Das weiße Band ist eines der Hauptsymbole der Protestbewegung von 2011/2012. Es bringt die Kritik an den manipulierten Dumawahlen im Dezember 2011 und den Präsidentenwahlen im März 2012 zum Ausdruck und steht sinnbildlich für die in diesem Zusammenhang entstandene Forderung „Für saubere Wahlen“.

Gnose

Dimitri Bykow

Der Schriftsteller und Intellektuelle Dimitri Bykow wurde 2019 wahrscheinlich von denselben Mitarbeitern des FSB vergiftet wie später Nawalny. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Recherche von The Insider und Bellingcat

Gnose

Lew Rubinstein

Lew Rubinstein (1947–2024) war ein russischer Dichter, Literaturkritiker, Essayist und Publizist.  Bekannt wurde er in den 1970er Jahren vor allem für seine minimalistische Karteikarten-Poesie: eine Mischung aus Literatur, bildender und performativer Kunst. Rubinstein galt als einer der Begründer und führender Vertreter des Moskauer Konzeptualismus.

показать еще
Motherland, © Таццяна Ткачова (All rights reserved)