Das Lukaschenko-Regime konnte sich im Jahr 2020 gegenüber den Massenprotesten im eigenen Land nur durchsetzen und den westlichen Sanktionen standhalten, weil es von Russland unterstützt wurde. Der Kreml nutzte diese rasant an Fahrt gewinnende Abhängigkeit, um das Nachbarland noch enger an sich zu binden. Dies passiert nicht nur auf wirtschaftlicher, politischer oder ideologischer Ebene. Auch in Bezug auf die Propagandaarbeit beider Regime ist eine Integration zu beobachten, vor allem wenn es darum geht, die Ukraine als Feind darzustellen.
Katerina Truchan vom belarussischen Online-Portal Pozirk hat diese Integration der Propaganda-Narrative analysiert.
Seit Beginn der vollumfänglichen militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine kopiert die belarussische Propaganda bereitwillig die Manipulationsmethoden der russischen „Journalisten“. Seit nun gut drei Jahren berichtet die Staatspropaganda über den Krieg in der Ukraine durch die russische Brille, reproduziert die Narrative des Kreml und diskreditiert die Ukraine sowie den Westen. Auch der demokratisch eingestellte Teil der belarussischen Bevölkerung wird zur Zielscheibe.
So verwenden die Propagandisten den Kreml-Euphemismus „militärische Spezialoperation“ anstelle von „Krieg“, bestehen darauf, dass Russland sich „gegen die Nato verteidigen“ müsse und wiederholen das Mantra von den „Neonazis“. Die Ukraine wird meist als „Marionette des Westens“ dargestellt und ihre Handlungen als „Provokation gegen Russland und Belarus“.
Die Propaganda spielt mit den Emotionen, indem sie die Ukrainer grundlos, aber lautstark beschuldigt, der Nazi-Ideologie ergeben zu sein und die grausamsten Verbrechen zu begehen, oder indem sie Angst vor einem drohenden Krieg schürt („Entweder wir sie oder sie uns“). Die Diffamierungen finden Gehör, brennen sich über kurz oder lang ins Unterbewusstsein der Belarussen ein und zeichnen, ungeachtet aller logischen Anfechtungen, ein negatives Bild von den Nachbarn.
Die belarussischen Behörden berichten mit unverhohlener Freude über die Einführung neuer Waffentypen in der Armee und befeuern das Thema der Stationierung russischer Atomwaffen im Land.
Die Ukraine wird dämonisiert, indem man ihr den „Beschuss der friedlichen Bevölkerung im Donbass“ und den „Genozid der russischsprachigen Bevölkerung“ vorwirft. Die legitim gewählte ukrainische Regierung wird hartnäckig als „Kiewer Regime“ bezeichnet und Präsident Wolodymyr Selensky als illegitim bezeichnet, weil die ukrainischen Behörden keine Wahlen durchführen wollen, solange der Krieg andauert. Die russischen Machthaber, und in der Folge auch die Medien, nahmen dies zum Anlass zu behaupten, Selensky könne nicht länger die Befugnisse eines Staatoberhauptes haben. Dieses Narrativ wurde auch von den belarussischen Propagandisten aufgegriffen. Dass das derzeitige Verschieben der Wahlen im Einklang mit der ukrainischen Verfassung steht, verschweigen sie dabei.
Vermeintliche Gefahr und echte Einschüchterung
Gleichzeitig bedient sich die belarussische Propaganda eines eigenen Narrativs von der Gefahr eines Angriffs von ukrainischem Staatsgebiet aus, wofür sie das Kalinouski-Regiment verantwortlich zeichnen will. Die Propaganda brandmarkt nicht nur die, die in seinen Reihen die Ukraine verteidigen, sondern suggeriert auch, sie würden einen Angriff auf Belarus vorbereiten. Der Einmarsch des ukrainischen Militärs in die russische Oblast Kursk, um die Truppen des Aggressors zu binden, spielte dieser These in die Hände. In dem Propagandafilm Bessy: kak chotjat sachwatit Belarus (dt. Dämonen: Wie Belarus besetzt werden soll), der 2024 an den Start ging, verbreiten die Propagandisten das Narrativ, die „Söldner“ hätten angeblich vor, Belarus vom Staatsgebiet der Ukraine sowie der europäischen Nachbarländer anzugreifen.
Der Streifen besteht aus einer Aneinanderreihung von bedrohlichen blutigen Landkarten, auf denen okkupierte belarussische Territorien dargestellt werden, und aus Bildern vom friedlichen belarussischen Leben, sauberen Städten, ordentlichen Straßen und Auftritten von Alexander Lukaschenko, dem es, wenn man den Propagandisten glauben darf, allein zu verdanken ist, dass im Land noch Frieden herrscht. Die Tatsache, dass derselbe Lukaschenko 2022 Russland sein Territorium für den Angriff auf die Ukraine zur Verfügung gestellt hat und die militärische Aggression des „großen Bruders“ gegen einen souveränen Staat bis heute unterstützt, wird natürlich gekonnt umschifft.
Um die Kämpfer des Kalinouski-Regiments zu dämonisieren, benutzt die Propaganda sowohl Kämpfer der Einheit als auch ukrainische Militärangehörige. So zum Beispiel den ehemaligen Soldaten des Regiments Wassil Werameitschik, der aus Vietnam ausgeliefert wurde, oder Maksim Ralko, der bei seiner Rückkehr nach Belarus an der polnischen Grenze festgenommen wurde. Letzterer wurde von den Propagandisten mehrfach vor laufender Kamera gezwungen, die angeblichen Pläne des Kalinouski-Regiments „offenzulegen“, dass sie vorhaben ins belarussische Hoheitsgebiet einzudringen (TV-Sender ONT, 20. November 2024); ein anderes Mal musste er sagen, die Belarussen, die aufseiten der Ukraine kämpfen, seien allesamt Drogenabhängige und Kriminelle (ONT-Sendung vom 6. April 2025).
Werameitschik, der auf Ersuchen des belarussischen KGB ausgeliefert wurde, wiederholt in einem Beitrag (25. Januar 2025, Belarus 1) die Thesen der Propaganda über die „Strategie zur Befreiung von Belarus‘“, die angeblich mit Unterstützung der Geheimdienste Litauens, Polens und der Ukraine entwickelt wurde: Dabei soll nach einem Einmarsch vom Gebiet der Ukraine aus die bewaffnete Okkupation eines Teils von Belarus bei Brest und Malorita (Oblast Brest) stattfinden.
Derartige Aussagen, die vor den laufenden Kameras der Propagandisten gemacht werden, dürfen weder ernst genommen noch als Tatsachenberichte angesehen werden. Sie werden erzwungen; die Gefangenen befinden sich in einer ausweglosen Lage und sind in der Gefangenschaft nicht nur Druck, sondern auch Folter ausgesetzt.
Beispiele von Manipulation und offenkundigen Fakes
Bei der Auswahl der Themen für die Manipulation fällt eine gewisse Wahllosigkeit der belarussischen Propaganda auf. Wenn sie die Beiträge ihrer russischen Kollegen reproduziert, gibt sie oft nicht nur zweifelhafte Daten, sondern regelrechte Lügen wieder.
Pozirk hat zahlreiche Fakten gesammelt, wie das Ukraine-Thema eingesetzt wird, bei der die belarussische Propaganda zum Sprachrohr für die Verbreitung unverhohlener Lügen der russischen Medien wurde. Oft dienen die Themen dazu, die Ukraine lächerlich zu machen oder in einem schlechten Licht dastehen zu lassen.
Im November 2024 berichtete die lokale Propaganda, dass Donald Trump aus der ukrainischen Datenbank Myrotworez (dt. Friedensstifter) entfernt worden sei. Die Nachricht, die zunächst von der offiziellen Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa verbreitet wurde, gelangte schließlich auch in die belarussischen Staatsmedien.
„Trump hatte versprochen, das Ukraine-Problem innerhalb von 24 Stunden zu lösen: ‚Ich werde anrufen und einen Deal aushandeln.‘ Etwas zu versprechen ist natürlich das Eine. Man kann es Kyjiw befehlen, zumal sie dort Trump bereits eilig von der Liste der Friedensstifter gestrichen haben, auf der die Feinde der Ukraine geführt werden“, sagte Anatoli Sankowitsch von ONT in der Sendung Kontury. Allerdings wurde die Nachricht über Trumps Aufnahme in die Datenbank bereits 2018 von denselben russischen Propagandamedien verbreitet. Das Projekt Myrotworez selbst dementierte das damals, und es konnten keine Spuren eines Eintrags zum amerikanischen Politiker gefunden werden.
Die Propaganda versucht, aus der Ukraine einen aggressiven und prinzipienlosen Feind zu machen.
Im Dezember letzten Jahres erklärte die belarussische Propaganda, die Ukraine plane eine Ausweitung der Mobilmachung. Zuvor hatten die russischen Propagandamedien darüber berichtet. „Es ist bereits bekannt, dass die Ukraine einen neuen, ausgeweiteten Mobilisierungsplan für 2025 verabschiedet hat. Offenbar will Selensky den Krieg unter Trump fortsetzen, solange genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, um die Wahlen möglichst lange hinauszuzögern. Oder er will Trump dazu bringen, ihn in die NATO aufzunehmen, um den Krieg schnell zu beenden und als ‚Sieger über Russland‘ in die Wahlen zu gehen“, sagte die Moderatorin der Sendung Nedelja (dt. Woche) Olga Korschun auf CTV.
Dabei wurde die Mobilmachung und das Kriegsrecht in der Ukraine bereits am 10. November 2024 routinemäßig um weitere 90 Tage bis zum 7. Februar 2025 verlängert. Gleichzeitig wurde im Land über die Möglichkeit einer Herabsetzung des Wehrpflichtalters diskutiert.
Die Verunglimpfung der Ukraine, aus der die Propaganda einen aggressiven und prinzipienlosen Feind zu machen versucht, äußerte sich auch darin, dass die belarussischen Staatsmedien, den russischen auf dem Fuße folgend, eine ukrainische Spur beim Absturz des aserbaidschanischen Flugzeugs am 25. Dezember 2024 in der Nähe der kasachischen Stadt Aktau ausmachten (an Bord der Passagiermaschine Embraer-190 der Azerbaijan Airlines, die von Baku nach Grosny unterwegs war, befanden sich 67 Menschen, 38 von ihnen starben).
„Der Rumpf der Embraer-190-Maschine von Azerbaijan Airlines weist Einschlagspuren auf. Diese Tatsache macht die Version eines Angriffs durch ukrainische Drohnen wahrscheinlich. Laut Medienberichten war Grosny am selben Morgen von mehreren Drohnen angegriffen worden“, sagte Igor Posnjak, Moderator der Sendung Nowosti. 24 Tschasa (dt. Nachrichten. 24 Stunden) auf CTV.
Wladimir Putin entschuldigte sich zwar bei der aserbaidschanischen Seite, ohne allerdings einzuräumen, dass das Flugzeug von der russischen Luftabwehr getroffen wurde. Unabhängige Experten, deren Stellungnahmen von liberalen russischen Medien veröffentlicht werden, sind sich einig, dass das Flugzeug wahrscheinlich von einer Flugabwehrrakete getroffen wurde und eine Schuld der Ukraine somit praktisch ausgeschlossen ist.
Im Januar sagte die belarussische Propaganda ernste Probleme für Europa voraus, wenn der russische Gastransit durch die Ukraine gestoppt würde. Diese Botschaft wird häufig auch von den russischen Medien verbreitet, die davon überzeugt sind, dass ganz Europa ohne russisches Gas einfrieren wird. „Bald wird sich nicht nur das nicht anerkannte Transnistrien, sondern auch die hochentwickelten europäischen Wirtschaften entscheiden müssen, ob sie zu viel bezahlen, mit Holz heizen oder frieren wollen“, behauptete Swetlana Karulskaja, eine russische Mitarbeiterin von ONT.
Es sei angemerkt, dass die Gaspreise wirklich über denen der Vorkriegszeiten liegen, was Europas Wirtschaft belastet, während die Einnahmen der Ukraine geschrumpft sind. Kein einziges Land in Europa ist jedoch ohne Gas geblieben, nachdem der Transit eingestellt worden ist. Die EU hat sich faktisch vom russischen Gas verabschiedet: Während der Anteil 2021 noch bei 40 Prozent gelegen hatte, betrug er 2023 nur noch acht Prozent und 2025 noch fünf. Das russische Unternehmen Gazprom leidet unter dem Verlust des hochprofitablen europäischen Marktes; 2024 schrieb es rote Zahlen, es sind Entlassungen im Gange.
Am 19. Februar verbreitete die Staatspropaganda Falschnachrichten über den Ausverkauf von ukrainischen Ländereien weiter. „Rund 30 Prozent des ukrainischen Territoriums gehört nicht mehr Kiew. Es wurde verkauft“, erklärte Olga Dawydowitsch von Perwy informazionny (dt. Erster Informationskanal). Damit reproduzierte sie ein Fake, das 2024 in Russland erfunden wurde: Demnach würden Ausländer massenweise Land in der Ukraine aufkaufen. In Wirklichkeit ist in der Ukraine der Verkauf von Landwirtschaftsflächen an ausländische Investoren per Gesetz verboten. Zu den zehn größten Eigentümern gehören ausschließlich ukrainische Unternehmen. Später im selben Monat beschloss die belarussische Propaganda, über etwaige „kommerzielle Interessen“ der EU in der Ukraine zu berichten und nannte als Quelle für diese Erkenntnisse „ukrainische Telegram-Kanäle“. Doch auch das erwies sich als Fake.
Kreml-Drahtzieher hinter „ukrainischen“ Kanälen
„Europa, das gerade darüber diskutiert, ob es 30.000 Friedensstifter in die Ukraine schicken soll, verteidigt nicht die Ukraine, sondern seine eigenen kommerziellen Interessen. Als Bezahlung für seine Dienste wird es einen Anteil an ukrainischen Aktiva fordern, wie ukrainische Telegram-Kanäle berichten“, meldete Jekaterina Tichomirowa von Perwy informazionny.
Als Quelle führte sie einen Screenshot aus dem Telegram-Kanal Legitimny (dt. Legitim) an. Noch 2021 hatte der ukrainische Sicherheitsdienst SBU allerdings ein Netz von Kanälen aufgedeckt, hinter denen der russische Geheimdienst steckt. Darunter war auch der besagte Kanal Legitimny, dessen Administratoren zu diesem Zeitpunkt in der selbsternannten Republik Transnistrien saßen.
Ende Februar warf die Staatspropaganda Wolodymyr Selensky vor, die Verhandlungen zwischen den USA und Russland mithilfe der „belarussischen Bedrohung“ zu unterminieren. „Die dritte und bizarrste Möglichkeit, die Gespräche scheitern zu lassen, ist der Versuch, Trump davon zu überzeugen, dass Belarus eine potenzielle Bedrohung darstellt“, sagte CTV-Mitarbeiter Andrej Lasutkin. Er argumentierte unter anderem, dass die Ukrainer nach einem Drohnenangriff auf den Sarkophag von Tschernobyl Russland und Belarus beschuldigt, dann ein Fake-News-Video dreht und Selensky ausgerechnet mit dieser Nachricht seine Rede in München beginnen lässt.
Es stellte sich allerdings heraus, dass Lasutkin die Version der russischen Propaganda wiederholte, die gleich nach dem Angriff auf das Kernkraftwerk kursiert hatte. Mit einer Nuance: Nicht einmal in den russischen Quellen wird Belarus als verantwortliche oder irgendwie betroffene Partei genannt. Nach Angaben der Ukraine, die sie mit Bildmaterial bestätigt, wurde der Angriff von einer russischen Drohne ausgeführt. Die Löscharbeiten im Kernkraftwerk von Tschernobyl dauerten drei Wochen lang. So verbreiteten belarussische Propagandisten anschließend in wöchentlichen Nachrichtensendungen im ganzen Land glatte Lügen, die in Russland erfunden wurden, um die Wahrnehmung der Menschen von der Ukraine zu manipulieren.
Die Ukraine in Dauerschleife
In einem Ende 2024 veröffentlichten Bericht (Mapping Belarusian Propaganda, erstellt mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung) konnten die Autoren Marat Lesnov und Lesya Rudnik zeigen, dass fast die Hälfte des Contents staatsnaher Informationsquellen der Ukraine gewidmet ist.
Wie eine Analyse von Pozirk zeigt, wurde die Ukraine auf dem Telegram-Kanal des größten regierungsloyalen Mediums, der Zeitung SB. Belarus Today 10.300 Mal, das „brüderliche“ – so die offizielle Rhetorik in Minsk – Russland etwas mehr als 11.000 Mal, Lukaschenko nur knapp häufiger, nämlich 12.200 Mal, und Belarus 33.200 Mal erwähnt. Für ein Medium, das, wie man meinen würde, vor allem die Innenpolitik im Blick haben sollte, ist die „ukrainische Frage“ ziemlich beliebt. Allein zwischen dem 1. und dem 10. April kam das Thema Ukraine im besagten Telegram-Kanal mehr als 40 Mal auf.
Selbst bei Wirtschaftsthemen bleiben Verdrehungen und glatte Lügen nicht aus. So berichtete die SB am 9. April: „Die Ukraine stiehlt belarussisches Eigentum. Aber eines Tages wird sie dafür bezahlen müssen ... An fremden Früchten kann man auch ersticken ... Erst neulich hat die Ukraine wieder einmal ihr wahres Gesicht gezeigt: Eine Partie beschlagnahmter Düngemittel von Belaruskali wurde im Wert von etwa einer Million Dollar verkauft.“
Dabei war bereits am 6. Februar 2023 bekannt geworden, dass die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft 170 Eisenbahnwaggons mit Mineraldünger im Wert von rund 100 Millionen Hrywnja (zu diesem Zeitpunkt über 2,7 Millionen US-Dollar) beschlagnahmt hatte. Es wurde gesagt, dass die Ladung von Belaruskali und dem russischen Unternehmen Uralkali stammte. Weiterhin hieß es, dass die belarussischen und russischen Kalisalze „in Drittländer transportiert werden sollten, um mit dem Verkauf Millionengewinne zu erzielen“, wobei ein Teil des Erlöses „in Form von Steuern zur Finanzierung des russischen Kriegs gegen die Ukraine“ fließen sollte. Später wurde erklärt, dass die Düngemittel verkauft und das Geld zur Stärkung der ukrainischen Wirtschaft und Verteidigung verwendet werden würde.
Von ukrainischer Seite war wiederholt festgestellt worden, dass das belarussische Unternehmen mit seinen Aktivitäten „den Krieg gegen die Ukraine durch finanzielle und wirtschaftliche Beziehungen zu Rüstungsunternehmen der Russischen Föderation und den Besatzungsverwaltungen der selbsternannten DNR und LNR befördern“ würde. Diese Tatsachen verschweigt die belarussische Propaganda, wenn sie über das „wahre Gesicht“ der Ukraine schreibt.
Für Lukaschenkos Medien ist die Ukraine insgesamt zu einem der wichtigsten Nachrichtenanlässe geworden. Die Themen Krieg, Korruption, Waffenlieferungen, der Wahlsieg Trumps und seine Äußerungen zur Ukraine helfen der Propaganda, Content zu erzeugen, der Zwietracht, Feindseligkeit und Hass gegenüber dem Nachbarland und seiner Bevölkerung schürt. Das geschieht in Analogie zu den russischen Medien, die schon viel früher mit „Entmenschlichung“ der Ukrainer begonnen haben – noch vor der Krim-Annexion 2014.
Um das gewünschte Feindbild einer schwachen, vom Westen abhängigen Ukraine zu schaffen, bedient sich die Propaganda auch der Hilfe von „Experten“, die entweder die Thesen ihrer russischen „Kollegen“ wiederholen oder einfach schlicht russische „Analytiker“ sind. Ihre Arbeit besteht dabei darin, die Situation einseitig zu „analysieren“ und Fakes zu reproduzieren. Auf diese Weise wird das Thema Ukraine in Belarus, in dem es keine unabhängigen Medien mehr gibt und man für „unbequeme“ Themen ins Gefängnis wandern kann, extrem einseitig beleuchtet. Gleichzeitig ist es für Belarussen buchstäblich physisch gefährlich, die Ukraine zu unterstützen.
Laut einer Erhebung der Menschenrechtsorganisation Wjasna, die nicht als erschöpfend gelten kann, wurden in Belarus bis zum 24. Februar 2025, also in den drei Jahren der anhaltenden Aggression, insgesamt mindestens 209 Personen, darunter 38 Frauen, wegen Unterstützung der Ukraine verurteilt: 41 Personen aufgrund von Spenden, mindestens 30 – weil sie auf Seiten der Ukraine kämpfen wollten.
Media IQ über die Verschmelzung von belarussischer und russischer Propaganda
Pawljuk Bykowski, leitender Wissenschaftler des Projekts Media IQ, bezieht sich bei seinem Kommentar gegenüber Pozirk auf die Monitoring-Berichte von Media IQ und seinen Beitrag „A Loss of Media Sovereignty: Synchronisation of Belarusian and Russian Propaganda after 2020“ zur Monographie Russian Policy towards Belarus after 2020: At a Turning Point?
„Die Beobachtungen, die Pozirk in seiner Analyse macht, bestätigen weitgehend unsere eigenen“, sagt Bykowski. „2022 verzeichneten wir bei Media IQ eine stetige Synchronisierung der belarussischen und russischen Propagandamaschinen. Wir können aber nicht sagen, dass sich die eine der anderen direkt unterordnet. Es ist eher wie bei einem Trittbrettfahrer: Wenn die Interessen übereinstimmen oder zumindest nicht im Widerspruch zueinander stehen, springt das belarussische Regime bereitwillig auf die Narrative des Kreml auf und verbreitet sie weiter, vor allem im Hinblick auf die ideologische Rechtfertigung des Krieges gegen die Ukraine.“
„Nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2020 und den anschließenden Massenprotesten hat sich das offizielle Minsk von dem früher deklarierten Kurs auf Informationsneutralität verabschiedet und ist dazu übergegangen, sich verstärkt in das russische Informationsfeld zu integrieren. Besonders deutlich zeigte sich das in der Berichterstattung zu der vollumfänglichen russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022. Die belarussischen Staatsmedien haben faktisch der Neutralität den Rücken gekehrt und angefangen, sich der Rhetorik und den Methoden der russischen Propaganda zu bedienen, was aus unserer Sicht eines der Kriterien für Informationssouveränität ist“, betont der Experte.
„Nichtsdestotrotz demonstrierte die belarussische Propaganda in einer Reihe von Fällen eine vorsichtige Distanz zum militärischen Bereich, indem sie die Akzente zum Beispiel auf humanitäre Themen setzte oder der Tatsache, dass sich die belarussische Armee nicht an den Kriegshandlungen beteiligt“, merkt er zugleich an. „Das zeigt, dass die belarussische Seite selbst im Rahmen der Synchronisation einzelne eigene Linien verfolgt, die ihren eigenen taktischen Interessen entsprechen.“
„Äußerst wichtig bleibt dabei, wer die Wahrnehmung des Krieges in der Öffentlichkeit prägt. Nach Angaben von Chatham House und iSANS lehnen 94 Prozent der Konsumenten unabhängiger Medien den Krieg ab, während 61 Prozent der Konsumenten staatlicher Medien die russische Aggression unterstützen. Dieser Kontrast zeigt, wie sehr die Informationsquellen zum entscheidenden Faktor für die Einstellung zu Fragen von Frieden und Sicherheit werden“, betont Bykowski.