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Die Präsidenten-Grants für Nichtregierungsorganisationen

Das Programm finanziert seit 2007 jährlich „sozial bedeutende“ Projekte von russischen NGOs und ist das Vorzeigeinstrument staatlicher Förderung der Zivilgesellschaft. Obwohl es dafür kritisiert wird, ineffizient zu sein und ideologisch-konservative Schlagseite zu haben, sind in der Vergangenheit auch oppositionelle Organisationen gefördert worden.

Nach dem Rückzug der meisten ausländischen Geldgeber in den 2000er Jahren klagen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) über enorme Ressourcenknappheit. Entgegen aller Vorwürfe aus dem In- und Ausland, dass die russische Zivilgesellschaft unterdrückt werde – zuletzt nach der Verabschiedung des Gesetzes „Über die ausländischen Agenten“ im Jahre 2012 – spricht Wladimir Putin seit vielen Jahren immer wieder davon, wie wichtig die Zivilgesellschaft für die Entwicklung des Landes sei. Eines der Instrumente staatlicher Unterstützung von NGOs sind die Präsidenten-Grants, ein seit 2007 alljährlich erneuertes Förderungsprogramm für „sozial bedeutende“ Projekte. Die zu vergebende Gesamtsumme ist stetig und deutlich gestiegen (2015 circa 4,2 Milliarden Rubel, etwa 55 Millionen Euro) und wird von gegenwärtig acht großen NGOs verteilt. Die Zuteilung erfolgt durch Wettbewerbe bezüglich verschiedener Themenbereiche, wie z. B. Bildung und Kultur, Schutz von individuellen Rechten und Freiheiten und soziale Versorgung von hilfebedürftigen Teilen der Bevölkerung.

Das Programm steht u. a. aufgrund fehlender Transparenz und Ineffizienz für die Kurzzeitförderung von weniger als einem Jahr in der Kritik.1 Demnach nutzt es vor allem schon etablierten, großen NGOs, trägt aber wenig zur Entwicklung kleiner und junger Organisationen bei. Außerdem ist zu beobachten, dass die Wettbewerbsresultate oft den politischen Kurs der Regierung widerspiegeln, wenn etwa  viele Projekte im Bereich patriotischer Bildung und Kultur mit besonders hohen Summen gefördert werden.2 Allerdings bekamen in der Vergangenheit auch oppositionell eingestellte Akteure Geld, so zum Beispiel im Jahre 2013 die Ural-Abteilung der Wahlbeobachtungsorganisation GOLOS oder die Organisation Memorial, die die Erinnerung an Verbrechen während der Stalin-Zeit bewahrt.3 Beide Organisationen waren als „ausländische Agenten“ (vgl. NGO-„Agentengesetz“​) gebrandmarkt worden. Ebenso wurden die Juristenvereinigung Agora, welche u. a. durch die Vertretung von Angeklagten in den Bolotnaja-Prozessen bekannt wurde, und die Moskauer Helsinki-Gruppe, die älteste Menschenrechtsorganisation Russlands, mit Fördergeldern bedacht.

Die Präsidenten-Grants sind aber nicht das einzige Instrument staatlicher Zivilgesellschaftsförderung. Das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung hat seit einigen Jahren ein eigenes, russlandweites Programm installiert. Außerdem werden seit einiger Zeit gesetzliche und institutionelle Rahmen für Wohltätigkeitsaktivitäten von großen Unternehmen und privaten Spendern gesteckt und auch die Bedingungen für Freiwilligenarbeit verbessert.

 

1.opendemocracy.net: Russian NGOs: the funding realities
2.rbk.ru: Krupnye prezidentskie granty dostalisʼ proektam o knjaze Vladimire
3.tass.ru: Golos human rights association to receive presidential grant
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„Agentengesetz“

„Nun kann praktisch jeder zum ausländischen Agenten erklärt werden“, schreibt das unabhängige Exilmedium Meduza. Bislang werden zahlreiche Journalisten, Aktivisten, NGOs und Einzelpersonen in Russland auf solchen „Agentenlisten“ geführt. Viele von ihnen haben das Land inzwischen auch deswegen verlassen. Worum es bei dem sogenannten „Agentengesetz” geht und was sich nun noch weiter verschärft hat, erklärt unsere Gnose.

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AGORA ist eine bekannte russische Menschenrechtsorganisation, die sich juristisch für die Rechte von Aktivisten, Journalisten, Bloggern und Künstlern einsetzt. In jüngster Zeit geriet die Organisation in die Schlagzeilen, da sie vom Justizministerium als sog. ausländischer Agent registriert wurde.

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Als Farbrevolutionen bezeichnet man eine Reihe friedlicher Regimewechsel in post-sozialistischen Ländern. Diese wurden unter anderem durch gesellschaftliche Großdemonstrationen gegen Wahlfälschungen ausgelöst. Aufgrund der Farben beziehungsweise Blumen, mit denen die Bewegungen assoziiert werden, ist der Sammelbegriff Farbrevolutionen entstanden. Stellt der Begriff für die politische Elite in Russland eine Bedrohung ihrer Macht dar, verbinden oppositionelle Kräfte damit die Chance auf einen Regierungswechsel.

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Alexej Nawalny ist in Haft gestorben. Er wurde in mehreren politisch-motivierten Prozessen zu langjähriger Strafe verurteilt. Aus der Strafkolonie hat er mehrmals über unmenschliche Haftbedingungen berichtet.  

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Er war einer der bekanntesten Politiker Russlands und galt als scharfer Kritiker Wladimir Putins. In zahlreichen Publikationen machte er auf Misswirtschaft und Korruption in Russland aufmerksam, was ihm viele einflussreiche Gegner einbrachte. Eduard Klein über den Oppositionspolitiker, der am 27. Februar vor acht Jahren ermordet wurde.

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