AGORA ist eine bekannte russische Menschenrechtsorganisation, die sich juristisch für die Rechte von Aktivisten, Journalisten, Bloggern und Künstlern einsetzt. In jüngster Zeit geriet die Organisation in die Schlagzeilen, da sie vom Justizministerium als sog. ausländischer Agent registriert wurde.
AGORA ist eine Abkürzung des russischen Namens der Organisation. Die vollständige Bezeichnung lautet Interregionaler Zusammenschluss der Menschenrechtsorganisationen „AGORA“ (Meshregionalnaja Assoziazija prawosaschtschitnych organisazi „AGORA“). Zugleich steht das Wort Agora im Altgriechischen für einen zentralen politischen und juristischen Versammlungsplatz der Polis.
Hauptsitz der 2005 von dem bekannten Juristen Pawel Tschikow gegründeten Organisation ist Kasan, darüber hinaus gibt es weitere Repräsentanzen in ganz Russland. Die Finanzierung durch Spenden und Fördergelder ermöglicht es AGORA, Angeklagte kostenlos zu vertreten. Zwischen 2005 und 2010 konnte die Organisation mehr als 250 Fälle von Missbrauch, Behördenwillkür und Menschenrechtsverletzungen bei Polizei, Militär und anderen Sicherheitsbehörden aufdecken und vor Gericht bringen.
Zahlreiche prominente Personen wie der Journalist Oleg Kaschin, der von Pro-Putin Aktivisten attackiert wurde, oder der Initiator der Monstrazija-Demonstrationen Artem Loskutow, dem Beamtenbeleidigung vorgeworfen wird, werden von AGORA vertreten. Darüber hinaus berät AGORA zivilgesellschaftliche Initiativen, die unter staatlichen Druck geraten sind, in rechtlichen Fragen, so z. B. das Komitee der Soldatenmütter oder die unabhängige Wahlbeobachtungsorganisation Golos. Außerdem veröffentlicht AGORA regelmäßig Berichte über die Menschenrechtslage in Russland. Die Organisation berät aber nicht nur zivilgesellschaftliche, sondern auch staatliche Akteure, z. B. bei der Ausarbeitung von Gesetzesinitiativen.
Aufgrund ihrer regelmäßigen Kritik an den Sicherheitsbehörden ist AGORA bei diesen eher unbeliebt. Dies hatte zur Folge, dass die Organisation, die regelmäßig auch internationale Fördergelder einwirbt, im Juli 2014 vom Justizministerium zu einem sog. ausländischen Agenten erklärt wurde1, obwohl das Ministerium den hierfür vom Gesetz geforderten Nachweis, dass die Organisation ausdrücklich politisch tätig ist, schuldig blieb.2
Um das Etikett des ausländischen Agenten wieder loszuwerden, hatte die Organisation kein Geld mehr aus dem Ausland angenommen und auch auf das Preisgeld für den international renommierten Thorolf-Rafto Preis, den sie für ihr zivilgesellschaftliches Engagement 2014 erhielt, verzichtet. Das Justizministerium hatte sich jedoch geweigert, AGORA von der Liste der “auslänischen Agenten” zu nehmen.
Im Februar 2016 ordnete ein Gericht auf Initiative des Justizministeriums die Schließung der Organisation an. Pawel Tschikow kündigte an, die Entscheidung vor dem Höchsten Gericht anzufechten.3