Der Jurist Juri Tschaika ist Generalbevollmächtigter des russischen Präsidenten im Föderationskreis Nordkaukasus. 1999 wurde nach einer Karriere in der Generalstaatsanwaltschaft auf Betreiben Putins zum Justizminister ernannt. Von 2006 bis Januar 2020 war er als Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation eine zentrale Figur im politischen System Russlands.
Juri Tschaika (geb. 1951) arbeitete sich nach seinem Jurastudium in der Staatsanwaltschaft der Region Irkutsk hoch und stieg dort Anfang der 1990er Jahre zum Obersten Staatsanwalt auf. In Moskau blieb seine Karriere nicht unbemerkt, und so wurde er 1995 zum Ersten Stellvertretenden Staatsanwalt der Russischen Föderation ernannt. Auf persönliche Initiative des neuen Premierministers Wladimir Putin berief ihn Präsident Jelzin im August 1999 als Justizminister in das Regierungskabinett. Tschaika gelangen einige Reformen, die das marode Justizwesen teilweise modernisierten. 2006 enthob Putin den damaligen Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinow von seinem Amt und schlug den ihm loyal gesinnten Tschaika als Nachfolger für dieses Amt vor.
Die Generalstaatsanwaltschaft unter Tschaika nimmt im derzeitigen politischen System - wie auch die anderen Sicherheitsbehörden (vgl. Silowiki) - eine zentrale Rolle ein. Ihre Aktivitäten sind dabei oft gegen Initiativen der Zivilgesellschaft gerichtet. So versuchte Tschaika, die Bewegung Für ehrliche Wahlen, die bei den unregelmäßigen Parlamentswahlen 2011 für eine unabhängige Wahlbeobachtung eintrat, zu diskreditieren, indem er den Aktivisten vorwarf, von den USA gekauft worden zu sein – ohne dafür jedoch Beweise liefern zu können. 2013 führte seine Behörde Überprüfungen bei 225 Nichtregierungsorganisationen durch, die offenkundig darauf ausgelegt waren, ihnen die Arbeit zu erschweren.
Auch die Bekämpfung der grassierenden Korruption fällt in den Aufgabenbereich der Generalstaatsanwaltschaft. Putin betraute Tschaika persönlich mit der Überwachung der Investitionen für die Winterolympiade in Sotschi – dennoch sei die Hälfte der 50 Milliarden US-Dollar versickert, wie der ermordete Oppositionelle Boris Nemzow kritisierte.1
Tschaika, der auch Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates ist, konnte im Laufe seiner Amtszeit seine politische Macht maßgeblich ausbauen und den Einfluss der Behörde steigern. Seitdem jedoch sein ehemaliger Stellvertreter Alexander Bastrykin 2007 die Leitung des neugegründeten Ermittlungskomitees der Staatsanwaltschaft übernommen hat, das später zur einer eigenständigen Behörde umgewandelt wurde, kommt es zwischen beiden Behörden regelmäßig zu Autoritätskonflikten.
Tschaikas älterer Sohn Artjom war mehrfach wegen finanzieller und juristischer Skandale in den Schlagzeilen. Die Untersuchungen dieser Fälle sind jedoch immer im Sande verlaufen.2 Im Dezember 2015 veröffentlichte der Fonds für Korruptionsbekämpfung des Aktivisten Alexej Nawalny einen Dokumentarfilm, in dem die Söhne des Generalstaatsanwalts der Korruption beschuldigt werden. Ihr Vater habe sie bei ihren kriminellen Aktivitäten mehrfach vor der Strafverfolgung geschützt. Juri Tschaika selbst bezeichnete den Film als „bestellt“ und wies die Anschuldigungen zurück.3
Nachdem Putin am 15. Januar 2020 überraschend eine Reihe von Verfassungsänderungen angekündigt hatte, reichte – neben der gesamten Regierung – auch Tschaika seinen Rücktritt ein. Sein Nachfolger wurde der stellvertretende Leiter des Ermittlungskomitees Igor Krasnow. Einen Tag nach der Bekanntgabe wurde Tschaika zum Generalbevollmächtigten des russischen Präsidenten im Föderationskreis Nordkaukasus ernannt.
aktualisiert am 28.01.2020