Kastus Kalinouski gilt als belarussischer Nationalheld. Wer war der Dichter und Revolutionär, der heute zwischen die Fronten von Krieg und Propaganda geraten ist?
Der Donbas als Propaganda-Lehrstück: So erzeugt man künstlich einen bewaffneten Konflikt – durch Instrumentalisierung lokalpatriotischer Bewegungen und medialen Hass. Für The Moscow Times skizziert der aus Luhansk stammende Journalist Konstantin Skorkin die Entwicklung der russischen Einmischung in den ostukrainischen Regionen bis hin zum Krieg seit 2014.
Wie geht es Maria Kolesnikowa? Sie wurde zu elf Jahren Haft verurteilt, seit anderthalb Jahren gab es keine Informationen über ihren Zustand. Nun hat Mediazona Belarus jemanden ausfindig gemacht, der die furchtbaren Haftbedingungen kennt, unter denen sie gehalten wird.
Warum ziehen russische Antifaschisten für Russland in den Krieg? Was bringt sie dazu, sogar gemeinsam mit Neonazis gegen die Ukraine zu kämpfen? No Future hat nach Antworten in der Geschichte der Subkultur gesucht und mit mehreren selbsterklärten Antifaschisten an der Front gesprochen.
Was bringt Belarussen dazu, sich dem Verteidigungskampf der Ukraine gegen Russland anzuschließen? Welche Konsequenzen hat dies für sie und ihre Familien? Pawel Schurmei vom Kastus Kalinouski-Regiment hat der Ukrajinska Prawda seine Geschichte erzählt.
Anna Politkowskaja war die wohl bekannteste und couragierteste Journalistin und Menschenrechtsaktivistin im Russland der Putin-Ära. Am 7. Oktober 2006 wurde sie Opfer eines Auftragsmordes, dessen Hintergründe bis heute ungeklärt sind. Am 30. August wäre sie 66 Jahre alt geworden.
Eine Storytelling-Doku in zehn Folgen über den Deutsch-Sowjetischen Krieg 1941–1945. Zehn Geschichten − stellvertretend für etwa 27 Millionen Kriegsopfer in der Sowjetunion.
Lukaschenka hat Soldaten an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren lassen. Zudem sollen Anfang 2025 sogenannte Präsidentschaftswahlen stattfinden. Ein Interview mit der Politologin Victoria Leukavets zu aktuellen Entwicklungen in Belarus.
Lukaschenkos Truppenkonzentration an der belarussisch-ukrainischen Grenze sorgt für Besorgnis. Dass der belarussische Machthaber doch noch mit eigenen Truppen in den Krieg eingreifen könnte, hält Igor Lenkewitsch von Reform aber für unwahrscheinlich.
Jegor Balasejkin war 17, als er zu sechs Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Seine Mutter und andere Angehörige politischer Gefangener erzählen, wie die Verhaftungen ihr Leben auf den Kopf gestellt haben.
Schläge, Drangsalierung, Psychoterror – Alesja wollte Eisenbahnpartisanen zur Flucht verhelfen und wurde dabei festgenommen. Der belarussische Ableger des Online-Mediums Mediazona hat ihre Geschichte und die ihres Martyriums in verschiedenen Haftanstalten aufgeschrieben.
Uladsimir Njakljajeu gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen belarussischen Literaten. In seinem Essay für unser Projekt Spurensuche in der Zukunft beschäftigt sich Njakljajeu, der 2010 bei den Präsidentschaftswahlen kandidierte, mit der Frage, ob der Einsatz der Belarussen für die Unabhängigkeit nicht hätte viel früher kommen müssen.
Die belarussische Menschenrechtsorganisation Wjasna zählt seit 2020 jedes Jahr mehr politisch motivierte Strafverfahren. Derzeit sitzen mehr als 1300 politische Gefangene in Belarus in Haft.
Die Sopranistin Anna Netrebko wird gleichermaßen gefeiert und angefeindet. Für die einen ist sie der größte Opernstar der Gegenwart, für andere eine Kulturmarionette Wladimir Putins.
Gesellschaft – by Nadezhda Beliakova , Kirill Emelianov
Eine orthodoxe Anti-Kriegs-Aktivistin aus Moskau erzählt über ihren Protest, über die Suche nach Gleichgesinnten in ihrer Kirchengemeinde, über Festnahmen – und über den Umgang mit ihrer Putin-treuen Mutter.
Gesellschaft – by Bahdana Paulouskaja , Alexander Klaskowski
Vor vier Jahren, im August 2020, begann der größte Aufstand in der Geschichte von Belarus. Der Journalist Alexander Klaskowski diskutiert die Bedeutung der Proteste anhand von maßgeblichen Entwicklungen und Ereignissen in der belarussischen Geschichte – Teil 2.
Bei dem großen Gefangenenaustausch am Donnerstag kamen auch bekannte Gesichter der russischen Opposition frei. Derweil fehlt von den Anführerinnen des Aufstands gegen das Lukaschenko-Regime weiter jede Spur. Wie konnte Belarus einfach übergangen werden? Zwei Stimmen aus dem Exil.
Wie es der staatlichen Propaganda gelang, Millionen Russinnen und Russen davon zu überzeugen, dass ein Krieg der sicherste Weg zum Frieden ist. Data-Recherche von dekoder und der Novaya Gazeta Europe.
Es war kein Zufall, dass die russische Präsidentschaftswahl 2018 am 18. März stattfand. Dieses Datum verbindet sich mit dem Schlüsselereignis der dritten Amtsperiode von Wladimir Putin: der Annexion der Krim. An diesem Tag formalisierte Putin den Anschluss der Krim an die Russische Föderation, der die Besetzung der Halbinsel durch russische Sondertruppen und ein sogenanntes Referendum unter russischer Kontrolle vorangegangen waren. Auf der Krim setzte Putin einen im Detail vorbereiteten Plan um, für den sich im Kontext des ukrainischen Euromaidan – Massendemonstrationen, die zu einem Machtwechsel in Kiew führten und die Westorientierung der Ukraine bestärkten – die Gelegenheit ergab.
Die militärische Aktion und Russlands Verletzung des Völkerrechts, das von der Souveränität und territorialen Integrität eines Staates ausgeht, überraschten nicht nur die westliche Politik, sondern auch die Bevölkerung der Krim und Russlands. Die USA und die EU reagierten mit Sanktionen. Dieses Sanktionsregime ist im Zuge des Krieges in der Ostukraine noch verstärkt worden.
Dieser Krieg, in dem Russland lokale Separatisten im Donbass unterstützt, hat die Krimthematik zunehmend überschattet. Auch wenn die offizielle Politik westlicher Staaten weiterhin auf der Nichtanerkennung der Annexion der Krim beruht, so geht dies einher mit der Einschätzung, dass sich am derzeitigen Status quo in nächster Zeit wenig ändern wird. Diese Haltung lässt das Thema somit nicht zur Priorität werden.
Dieser politische Kontext ist ein wichtiger Teil der Erklärung dafür, warum im Rückblick die Konturen der Ereignisse von 2014 verschwimmen und auch in der deutschen Berichterstattung und Öffentlichkeit bedenkliche Schlussfolgerungen möglich sind. Die Krim-Annexion war, anders als mitunter behauptet, nicht das Resultat einer Mobilisierung der Krim-Bevölkerung für einen Anschluss an Russland, und die Krim war auch nicht „schon immer Teil Russlands“, was der Annexion den Anschein einer historischen Berechtigung verleiht.
Zugehörigkeit der Krim
In der ersten Hälfte der 1990er Jahre gab es auf der Krim politische Gruppierungen, die für die Unabhängigkeit der Krim beziehungsweise einen Anschluss an Russland eine Mehrheit der regionalen Bevölkerung mobilisieren konnten. Diese Bewegung scheiterte an inneren Spaltungen und an ihrer Unfähigkeit, auf die realen sozioökonomischen Probleme der Region einzugehen. Dazu kam noch die bewusste Entscheidung des damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin, die Zugehörigkeit der Krim zum postsowjetischen ukrainischen Staat nicht in Frage zu stellen – das Interesse an einem guten Verhältnis zum Westen war wesentlich höher.1 Die regionale Mobilisierung auf der Krim mündete letztendlich in einen schwachen, durch seine sichtbare Institutionalisierung in der ukrainischen Verfassung jedoch symbolisch bedeutsamen Autonomiestatus der Krim.
Auch wenn russische Politiker wie zum Beispiel der ehemaliger Moskauer Bürgermeister Juri Lushkow, seitdem mitunter versuchten, mit Blick auf ihre Wählerschaft in Russland die Krimthematik politisch zu instrumentalisieren, gab es bis 2014 keine breitere Mobilisierung auf der Krim. Die wirtschaftliche Entwicklung der Region stagnierte, der kleine, durch die Krimverfassung definierte Spielraum der Autonomie blieb ungenutzt. Die Integration der seit dem Ende der Sowjetunion zurückgekehrten Krimtataren, die von Stalin nach Zentralasien und Sibirien deportiert worden waren, wurde nicht zur Priorität Kiews, aber am politischen Wahlverhalten gemessen, war die Region fest in den Südosten der Ukraine integriert.
Chruschtschows Geschenk
Die inzwischen weit verbreitete, zu wenig hinterfragte These des historischen Anspruchs Russlands auf die Krim ist das Resultat einer höchst selektiven Interpretation der Geschichte. Das russische Narrativ der „russischen Krim“ leitet sich ab aus der Zeit von 1783, der Eroberung der Krim durch Zarin Katharina der Großen, bis 1954, dem vermeintlichen Geschenk Chruschtschows an die ukrainische Sowjetrepublik. Die Tatsache, dass die Krim vor 1783 jahrhundertelang unter krimtatarischer und osmanischer Herrschaft war, wird in der russischen Geschichtsschreibung ausgeblendet und ist im Westen einfach zu wenig bekannt. Darüber hinaus hält sich das stark simplifizierende Bild des Transfers der Krim als Chrutschtschows persönliches Geschenk an die Ukraine im Rahmen der 1954 gefeierten „brüderlichen“ russisch-ukrainischen Beziehungen (eine sowjetische Interpretation des Perejaslaw-Vertrags von 1654, in dem sich die Kosaken unter Hetman Bohdan Chmelnyzky durch einen Treueeid den Schutz des russischen Zaren Alexej I. sicherten). Archivdokumente zeigen, dass Chruschtschow zwar eine zentrale Rolle beim territorialen Transfer der Ukraine zukommt, dass er jedoch nicht in einer politisch derart gefestigten Position war, die eine alleinige Entscheidung erlaubt hätte, und dass wirtschaftliche Gründe eine wichtige Rolle bei der Entscheidung spielten. Der Symbolgehalt von 300 Jahren Perejaslav wurde hingegen erst im letzten Moment hinzu addiert.2
Narrativ der „russischen Krim“
Das russische Narrativ des Krimnasch („Die Krim gehört uns“), das Kontinuität auf die facettenreiche Geschichte der multiethnischen Krim projiziert, speist sich aus einer selektiven Geschichtsschreibung. Die Region spielt dabei vornehmlich eine Symbolfunktion, die bereits in der Zarenzeit geprägt, in der Sowjetunion umgewidmet und in der postsowjetischen Zeit wiederbelebt wurde. Die Grenzen zwischen Mythen und Fakten sind hierbei fließend. Die Krim ist die Region mit einem subtropischen Klima an der Südküste, die viele an die südeuropäischen Länder, vor allem an Italien und Griechenland erinnert, und in der die russische Zarenfamilie und Aristokratie (nicht nur aus Russland) Urlaub machte. Die Region ist fest in der russischen Literatur und Kunst des 19. und frühen 20. Jahrhunderts verankert. Puschkin, Tolstoi und Tschechow gehören zu den prominentesten Autoren, die die Krim in ihren Gedichten und Erzählungen verewigten. Die Krim wurde schließlich zum sowjetischen Urlaubsparadies der Arbeiterklasse, Pioniere und Parteinomenklatura umdefiniert.
Um die Krim ranken sich zahlreiche, von verschiedenen Völkern geprägte Legenden und Mythen. Viele Küsten- und Bergformationen tragen bildhafte krimtatarische Namen. Diese haben die Zeit der krimtatarischen Deportation überlebt und sind (wie beispielsweise der Berg Ai-Petri, ein beliebtes Touristenziel in der Nähe von Jalta) bis heute ein fester Bestandteil der regionalen Identität.
Am Beispiel der Krim gelang sowohl dem zaristischen Russland als auch dem sowjetischen Regime die Umdeutung verlustreicher Schlachten – während des Krimkriegs Mitte des 19. Jahrhunderts und während des Zweiten Weltkriegs – in russische beziehungsweise russisch-sowjetische Heldentaten. Die Präsenz der Schwarzmeerflotte vor der Küste Sewastopols, die nach 1991 zum Streitpunkt zwischen Russland und der Ukraine wurde und nach langen Verhandlungen Ende der 1990er Jahre unter Verrechnung ukrainischer Schulden für Energielieferungen aus Russland aufgeteilt wurde, symbolisiert diesen Teil der Geschichte. Die Stadt Chersones in der Nähe von Sewastopol gilt als die Wiege der russisch-orthodoxen Zivilisation – seit 2014 ist die mutmaßliche Taufe von Großfürst Wladimir in Chersones Ende des 10. Jahrhunderts erneut zu einem wichtigen Bezugspunkt geworden.
Terra incognita
Seit der Annexion der Krim durch Russland ist die Krim für westliche Beobachter und UkrainerInnen ohne familiären Bezug zur Krim weitgehend zur terra incognita geworden. Der ukrainische Staat erlaubt den Zugang zur Region nur in einem streng definierten gesetzlichen Rahmen, und die Einreise in die Region über Russland stellt einen Verstoß gegen ukrainisches Gesetz dar. Aus den Berichten derer, die die Krim seit 2014 verlassen haben – Schätzungen zufolge etwa 40.000 bis 60.000 Menschen, darunter mindestens zur Hälfte Krimtataren3 – und aus den Berichten krimtatarischer und Menschenrechtsorganisationen sowie einiger weniger westlicher JournalistInnen, lässt sich das Ausmaß der in erster Linie gegen die krimtatarische Bevölkerung gerichteten Repressionen ablesen. Außerdem ist ein Wandel von einer von Russland geschürten Hochstimmung 2014 in eine eher abwartende Haltung erkennbar.
Einer repräsentativen Umfrage4 zufolge, die das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) von März bis Mai 2017 mit Hilfe eines internationalen Dienstleisters und ausgebildeten lokalen Interviewern durchführte, ist unter der Krim-Bevölkerung eine Orientierung nach innen festzustellen. Die Kontakte der Krim-Bevölkerung zum Rest der Ukraine sind fast vollständig unterbrochen. Eine schon immer stark ausgeprägte regionale Identität (krymchanin = „Krim-Bewohner“) wurde durch die Ereignisse von 2014 noch gestärkt. Die ZOiS-Umfrage zeigt in diesem Zusammenhang, dass nur sechs beziehungsweise ein Prozent der Befragten Russland beziehungsweise die Ukraine als ihr Zuhause begreifen. Zugleich haben die Menschen auf der Krim ein sehr geringes Vertrauen in die lokalen und regionalen politischen Institutionen. Die Umfrage veranschaulicht darüber hinaus das Ausmaß sozialer und wirtschaftlicher Nöte der Bevölkerung.
Nach der Präsidentschaftswahl am 18. März 2018 hat der Kreml die Wahlbeteiligung und die Zustimmung für Putin auf der Krim als eine Art zweites Referendum über die Zugehörigkeit der Krim zu Russland dargestellt. Damit schrieb er eine neue Seite in die mythenumwobene Geschichte der Halbinsel.
1.Sasse, Gwendolyn (2007): The Crimea Question: Identity, Transition, and Conflict, Cambridge
4.Sasse, Gwendolyn (2017): Terra Incognita: The Public Mood in Crimea, ZOiS Report 3/2017. Die Umfrage hatte zum Ziel, einen Einblick in die Stimmung und das Alltagsleben auf der Krim zu bekommen. Die derzeitige Lage auf der Krim entspricht nicht den soziologischen Idealbedingungen für eine Umfrage. Dennoch kann die Schlußfolgerung nicht sein, lieber gar nicht zu versuchen, die Stimmen der betroffenen Menschen hörbar zu machen. Die Umfrage versteht sich als ein Beitrag dazu, die Situation auf der Krim im öffentlichen Diskurs präsenter zu machen.
Um die russische ESC-Kandidatin Julia Samoilowa ist eine heftige Diskussion entbrannt. Die Debatte spiegelt zahlreiche positive wie negative Stereotype gegenüber Menschen mit Behinderung und das desolate Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine. dekoder bringt Ausschnitte aus russischen und ukrainischen Medien.
Diese Woche startet Paradies in den deutschen Kinos: Mit dem Regisseur Andrej Kontschalowski wollte Katerina Gordejewa eigentlich über den Film sprechen. Es ging dann aber vor allem über den besonderen Weg Russlands, die Beziehung zum Westen, bäuerliches Bewusstsein und die Notwendigkeit von Zensur.
Trotz Krim-Embargo tauchen plötzlich Siemens-Turbinen auf der Halbinsel auf. Was tun? „Anerkennen, dass Turbinen auf der Krim sind, aber leugnen, dass sie deutsch sind”? Mit der Siemens-Affäre beginnt ein neues Zeitalter der Beziehungen zwischen Postkrim-Russland und westlichen Unternehmen, meint Tatjana Stanowaja.
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat Freundschaften zerstört und Familien auseinandergerissen. Oksana Yushko zeigt Paare, die dem Geist der Feindschaft keinen Platz geben.
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