Sergej Medwedew ist eine der profiliertesten Stimmen des liberalen Lagers in Russland, was Fragen der neuesten russischen Geschichte und der internationalen Politik angeht. Er ist Professor an der Moskauer Higher School of Economics und bringt sich regelmäßig in die öffentliche Debatte ein, schreibt für das unabhängige Wirtschaftsblatt Vedomosti, das russische Forbes und andere Portale.
Hier setzt er sich mit dem Umgang Russlands im Fall MH17 und den Einsätzen in Syrien auseinander. Er sieht in Russland eine außenpolitische Strategie aus den Spättagen der Sowjetunion wiederauferstehen, in der sich für ihn auf spezifische Weise Schwäche und Drohgebärden mischen. Diese These macht er in einem engagierten Meinungsstück stark, das am Dienstag – unmittelbar nach der jüngsten diplomatischen Verwerfung zwischen der russischen Führung und den USA – auf slon.ru erschienen ist.
Die vergangene Woche brachte in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen einen neuen Point of no Return, wie man so sagt. Zum einen wurde der Bericht der Untersuchungsgruppe zu MH17 veröffentlicht, der besagt, dass das Flugzeug von einer BUK-Rakete getroffen wurde, die aus Russland geliefert und vom Territorium der Separatisten aus abgefeuert wurde. Zum anderen haben die westlichen Staaten Russland und seine Verbündeten für den barbarischen Bombenangriff auf ein Krankenhaus im syrischen Aleppo in die Verantwortung genommen: Laut dem französischen Außenministerium kommen diese Angriffe einem Kriegsverbrechen gleich, die New York Times schreibt in einem ungewöhnlich scharfen Editorial, Putin verwandle Russland „in eine Outlaw Nation“, und die Kritiker des Regimes sprechen von neuem davon, ein Prozess in Den Haag sei unvermeidlich, und im Kreml herrsche bereits Panik.
An dieser Stelle sollte man nun wohl darüber schreiben, dass dem Westen etwas klargeworden ist. Darüber, dass die Maschine der westlichen Rechtsprechung zwar langsam arbeitet, dafür aber zuverlässig. Man könnte das Flugzeugattentat der libyschen Geheimdienste über dem schottischen Lockerbie in Erinnerung rufen. Damals brauchte es elf Jahre, bis Gaddafi die Verdächtigen auslieferte, und 15, bis die Familien der Opfer Entschädigungszahlungen erhielten. Aber all das würde der Sache nicht gerecht: Die Analogie mit der Regionalmacht Libyen funktioniert nicht. Die derzeitigen Enthüllungen rufen das Gefühl eines Déjà-vu hervor: Ähnliche Points of no Return hat es in den vergangenen drei Jahren schon eine ganze Menge gegeben, und jedes Mal haben Russland und der Westen gleich darauf eine neue rote Linie überschritten und ihre Rutschpartie auf der nie endenwollenden schiefen Ebene fortgesetzt, sich gegenseitig beschuldigend und aufeinander einhackend, als wären sie mit einer unsichtbaren Kette aneinandergefesselt.
Im 21. Jahrhundert ist die hauptsächliche Exportware Russlands nicht Öl oder Gas, sondern Angst
Nein, es wird weder ein Nürnberger noch ein Den Haager Tribunal geben, noch irgendein anderes. Eher schon erwarten Russland vieljährige Untersuchungen, Schuldsprüche in Abwesenheit und Verpflichtungen zu Entschädigungen in Millionenhöhe, die Russland, versteht sich, nicht anerkennen wird. Das wird eine neue Runde von Sanktionen zur Folge haben, Blockaden russischer Auslandsvermögen mit den dazugehörigen Skandalen und Rechtsstreitigkeiten, die sich über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinziehen werden. Wozu also Parallelen ziehen zu Lockerbie. Sinnvoller ist es, sich an die Tragödie mit der koreanischen Boeing zu erinnern, die von einem sowjetischen Abfangjäger am 1. September 1983 über der Insel Sachalin abgeschossen wurde – bis heute gibt es keine endgültige Klarheit in diesem Fall, die Schuldigen sind nicht benannt, und das Land, das das Flugzeug vom Himmel geholt hat, gibt es nicht mehr.
Mit anderen Worten: Katastrophale Konsequenzen werden Russland wohl nicht erwarten. Eher sogar im Gegenteil: Die jüngsten Beschuldigungen des Westens fügen sich in die langfristige Strategie des Kreml ein, das Bild eines unvorhersehbaren und gefährlichen Akteurs zu erwecken, der die globalen Regeln bricht und den alle zu fürchten haben. Offensichtlich waren weder der Abschuss der Malaysischen Boeing noch die Bombardierungen ziviler Objekte in Syrien bewusste Handlungen seitens Russland, doch entspringen sie jener Hochrisikosphäre, die Moskau auf postsowjetischem Gebiet und im Nahen Osten erschaffen hat, und sind zwangsläufige Folgeerscheinungen des seltsamen hybriden Krieges, den Russland in der ganzen Welt führt.
Die gestrige Verfügung Putins ist die jüngste Handlung in diesem Krieg. In ihr wird angeordnet, die internationalen Vereinbarungen mit den USA über die Aufbereitung von Plutonium auszusetzen, zugleich wird eine Gesetzesvorlage in die Duma eingebracht mit ganz offensichtlich unerfüllbaren Forderungen an die USA: Das Magnitzki-Gesetz sei aufzuheben, ebenso alle Sanktionen gegen Russland. Für die durch die Sanktionen entstandenen Verluste müssten Kompensationen gezahlt werden, und in allen Ländern der NATO, die dem Bündnis nach 2000 beigetreten sind, sollten die USA ihre Streitkräfte und ihre militärische Infrastruktur reduzieren. Das Abkommen über die Plutonium-Aufbereitungen hatte der Sache nach sowieso nicht funktioniert, aber Russland erweckt den Anschein, dass es seinen Einsatz im geopolitischen Spiel erhöht. Es gibt zu verstehen, dass es bereit ist, den Westen atomar zu erpressen (siehe der „radioaktive Staub“ aus den Schauermärchen Dimitri Kisseljows) und die gesamte Struktur von Vereinbarungen über die atomare Abrüstung zu demontieren.
Export von Angst
Der hybride Krieg des Kreml – das ist eine Politik von Schwäche und Arglist des Informationszeitalters. Da Russland nicht die notwendigen militärischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Ressourcen besitzt, um in der Ukraine oder in Syrien zu gewinnen, führt es Einzeloperationen zur Destabilisierung der Lage in diesen beiden Ländern durch und provoziert eine Konfrontation mit dem Westen. Allerdings wendet es diese dann in letzter Minute ab und startet eine umfangreiche Desinformations- und Propagandakampagne mit dem Ziel, das Bild der Vorgänge zu verzerren und die Position des Westens zu verwischen, die bereits an sich nicht präzise definiert und unentschlossen ist. Das Ziel des hybriden Krieges ist es, Unvorhersehbarkeit, Chaos und Angst zu erzeugen, und dadurch eine instabile Umgebung zu schaffen. In der lässt es sich weitaus leichter bluffen, wenn man schlechte Karten auf der Hand hat.
Russlands Angst-Vorräte liegen gespeichert in den Schichten der russischen Geschichte, in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen, in den alltäglichen Beziehungen zwischen Bürger und Staat
Im Grunde genommen ist im 21. Jahrhundert die hauptsächliche Exportware Russlands nicht Öl oder Gas, sondern Angst. Der Preis für die beiden ersten wird im Laufe der Zeit fallen, derjenige der zweiten hingegen steigen. In der Risikogesellschaft, von der die wichtigsten Philosophen und Soziologen unserer Zeit schreiben, von Ulrich Beck bis Anthony Giddens, gewinnen diejenigen, die es schaffen, Angst hervorzubringen und aus ihr Kapital zu schlagen, indem sie sie in eine politische und wirtschaftliche Ressource verwandeln. Auf diesem Feld ist Russland ein Big Player und ein wichtiger Rohstofflieferant: Seine Angst-Vorräte liegen gespeichert in den Schichten der russischen Geschichte, in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen, in den alltäglichen Beziehungen zwischen Bürger und Staat.
Das System der internationalen Beziehungen des 21. Jahrhunderts – das sich beginnend mit dem 11. September 2001 herausgebildet hat (in Russland sogar ein wenig eher, vom September 1999 an, den Bombenexplosionen in Wohnhäusern in Buinaksk, Moskau und Wolgodonsk und den „Sprengstoff-Übungen“ des FSB in Rjasan) – folgt den Szenarien von Thomas Hobbes, der eine Anarchie der zwischenstaatlichen Beziehungen und einen Krieg „aller gegen alle“ vorhergesagt hat, und nicht dem von Immanuel Kant, der für Europa auf der Suche war nach einem „ewigen Frieden“. Das Russland Putins ist ein Produzent und Nutznießer dieser Hobbesschen Welt, denn in ihr ist Russlands Hauptressource gefragt: die Angst, und Russlands wichtigste Dienstleistung: der Sicherheitsdienst. Das ist eine klassische Strategie der Schutzgeld-Erpressung: Es wird auf symbolische Art und Weise eine Bedrohung konstruiert, und dann eine Kryscha gegen sie angeboten, zu einem Preis, der schon nicht mehr symbolisch ist.
Das Schlüsselwort hier lautet: Schwäche. Nachdem Russland erst den Kalten Krieg und dann den auf ihn folgenden Frieden verloren hat, den Megaprofit aus dem Ölverkauf wie die Reste seiner Reputation verspielend, ist es nicht dazu in der Lage, globale Probleme konstruktiv zu lösen. Es zieht stattdessen vor, sie zu verschlimmern. Russland nimmt keine Flüchtlinge aus der Dritten Welt bei sich auf, um sie zu integrieren, sondern es lenkt ihren Strom über die Grenzübergänge in Finnland und Norwegen nach Westeuropa, es nutzt sie als ein Instrument im hybriden Krieg, um so die Migrationskrise in Europa zu verschärfen und eine Negativstimmung Migranten gegenüber hervorzurufen. Es löst nicht die humanitären und politischen Probleme Syriens, sondern mischt sich in den bestehenden Konflikt mit egoistischen geopolitischen Zielen ein und bringt ihn so auf eine neue Ebene. Es steuert nichts zur internationalen Untersuchung der Katastrophe des Flugs MH17 bei, sondern bringt diese aus dem Tritt, indem es ständig neue, einander widersprechende Versionen präsentiert. Es arbeitet mit der WADA und den internationalen Sportverbänden nicht zusammen, um so der Doping-Epidemie im Sport Herr zu werden, sondern versucht die WADA zu diskreditieren und zu beseitigen, dadurch, dass immer neue Informationen ins Gespräch gebracht werden, und, wie vermutet wird, auch durch Hacker-Attacken.
Das ist eine klassische Strategie der Schutzgeld-Erpressung: Es wird auf symbolische Art und Weise eine Bedrohung konstruiert, und dann eine Kryscha gegen sie angeboten
Und dabei muss man sagen, dass diese Strategie Russlands bisher gar nicht schlecht funktioniert. Mit gemeinsamen Bemühungen haben das Verteidigungsministerium, das Außenministerium, Russia Today und verschiedene Strumtruppen der „Volksdiplomatie“ – von Fussballfans bis zu Motorrad-Trupps und Internet-Trollen, die das westliche Netz überschwemmen – den Export an Angst und Unvorhersagbarkeit maximal gefördert, bei minimalen Kosten.
Der Westen bildet sich heute schon ein, an jeder Ecke eine russische Bedrohung zu sehen – in den Truppenbewegungen Assads und in den Provokationen von Donezker Separatisten, in jedweder Computerattacke (vom Einbruch in die Server der Demokratischen Partei der USA bis zur Attacke auf die Server von Yahoo, an der, wie die Internet-Firma selbst meint, russische Regierungsstellen beteiligt waren), in den unidentifizierbaren U-Booten in der Ostsee, in den turbulenten Vorfällen mit Migranten in europäischen Städten, in der Finanzierung von Donald Trump und Marine Le Pen. Es ist derzeit gar nicht wichtig, in welchem Maße Moskau mit jeder dieser Episoden etwas zu tun hat, ob es sich um geplante Aktionen handelte oder ob einzelne patriotisch gestimmte Bürger selbst aktiv geworden sind: Russland hat einen schillernden Raum der Unbestimmtheit geschaffen, in dem seine Rolle dämonisiert und, aller Wahrscheinlichkeit nach, überzeichnet wird – aber genau das ist es offenbar, worauf Putin es angelegt hat.
Das globale Schreckgespenst
Die Kosten dieser Produktion von Angst sind minimal: Die Ausgaben für die russischen Luftschläge in Syrien belaufen sich nach den Schätzungen von RBC auf weniger als eine Milliarde US-Dollar nach aktuellem Kurs – das ist Kleingeld für russische Verhältnisse, das ist die Hälfte des Stadions Zenith auf der Kreuzinsel [in St. Petersburg – dek] oder fünf Kilometer der [für den Auto- und Bahnverkehr bei den olympischen Winterspielen 2014 gebauten – dek] Trasse Sotschi-Krasnaja Poljana. Wie Präsident Putin es so vielsagend ausgedrückt hat: „Wir können da recht lange unsere Übungen durchführen, ohne unserem Haushalt einen wesentlichen Schaden beizufügen.“ Nehmen wir noch das Budget hinzu für die internationale Nachrichtenagentur Rossija sewodnja, die Arbeit mit der russischen Diaspora und mit Politikern wie Schröder oder Berlusconi sowie die Unterstützung rechtspopulistischer und separatistischer Parteien, die einen politischen Krim-Tourismus auf die Beine gestellt haben, so kommt immer noch eine vergleichsweise geringe Summe dabei heraus. Nichts im Vergleich mit den ruinösen Investitionen in die Infrastruktur der Angst während des Kalten Krieges.
Auf der anderen Seite verfügt der Westen heute sehr viel weniger als vor 30 Jahren über den zum Widerstand notwendigen Willen und die Organisation dazu. Die lange Friedensperiode hat ihn geschwächt, die Epoche des Postmodernismus und des Postheroischen haben ihn demoralisiert. Der Westen ist passiv, uneins mit sich und aufs Wirtschaftliche fokussiert, und Russland nutzt erfolgreich diese Schwäche seines Opponenten. Mit minimalen Mitteln wurde der Archetyp der russischen Bedrohung wieder zum Leben erweckt. Er war im westlichen Unterbewusstsein seit den Zeiten Gorbatschows schon fast in Schlaf gefallen, aber jetzt erhebt er sich wieder zu voller Größe, wie ein ausgehungert herumirrender Bär im Frühjahr. Und es ist kein Zufall, dass die russischen Fussball-Fans, die Vorfront von Putins hybridem Krieg, riesige Transparente auf ihren Reisen mitschleppen mit einem zähnefletschenden Bär, und dass die Hacker-Truppe, die den WADA-Server geknackt hat, sich Fancy Bear nennt – ihr Logo zeigt einen Bären in der Maske von anonymous. Die Symbol-Ökonomie aus der Zeit des Kalten Krieges ist nach 30 Jahren in ihre Ausgangsposition zurückgekehrt: Für die Russen ist Obama an allem Schuld, die Amerikaner suchen nach der russischen Bedrohung noch unter ihrem Bett.
Russland hat einen schillernden Raum der Unbestimmtheit geschaffen, in dem seine Rolle dämonisiert und, aller Wahrscheinlichkeit nach, überzeichnet wird
Übrigens hat der Westen es nicht eilig damit, sich eine Lebensversicherung und Schutzleistungen beim „Sicherheitsdienst Russland“ zu besorgen. Damit die Strategie eines erpresserischen Banditen aufgeht, muss er es schaffen, dem Kaufmann seinen „Schutz“ aufzuzwingen. Der Westen aber drängt nicht allzu sehr auf Verhandlungen über eine „neue Sicherheitsstruktur“ und sieht in Putin keinen neuen Stalin nach dem Vorbild von 1945, mit dem man sich an den Kartentisch setzen muss, um die Welt in Einflusssphären aufzuteilen. Deshalb wäre es noch zutreffender, Russland nicht mit einem mafiösen Erpresser zu vergleichen, sondern mit einem Rüpel „aus dem Viertel“, einem Gopnik. Wie es ein Internet-Witz sagt: Russland hat sich von den Knien erhoben, um sich gleich darauf wieder auf die Fersen hinzuhocken [das ist der bei den Gopniki beliebte slavic squat – dek].
Ein solcher Gopnik hält ein ganzes Viertel in Schach, ohne reale Kraft zu besitzen, er manipuliert die gesetzestreue Bevölkerung mithilfe wohldosierter Drohungen. In seinem Arsenal hat er eine Reihe kleiner Rituale (einen Schwachen verprügeln, jemandem ein Mobiltelefon abpressen, die Polizei provozieren, das Messer zücken, das Hemd vor der Brust zerreißen), um seiner Umgebung zu demonstrieren, dass er dazu bereit ist, Gesetz und Konvention zu brechen. Doch vor äußeren Kräften und organisiertem Widerstand gibt der Gopnik sofort klein bei, wofür es allerdings nötig ist, dass solche zur Verfügung stehen. Im derzeitigen System der internationalen Beziehungen – Obama geht und Europa ist durch den Brexit geschwächt – gibt es solche Kräfte nicht.
Russland hat sich in ein Schreckgespenst globalen Ausmasses verwandelt, und vergleichen sollte man es nicht mit Libyen oder Nordkorea, sondern mit der Sowjetunion der frühen 1980er Jahre
Wie also weiter? Erst einmal hat es den Anschein, dass das Ziel der hybriden Kriege erreicht ist: Man hört Russland wieder zu, und man fürchtet es wieder. Aber diese Furcht gleicht der vor dem Iran oder vor Nordkorea, die schon einige Jahrzehnte lang die Rolle der globalen Bösewichte spielen.
In den Klub der weltweit führenden Nationen, in dem es bis 2014 einen rechtmäßigen Platz hatte, ist Russland nicht eigentlich zurückgekehrt, eher hat es sich in ein Schreckgespenst globalen Ausmaßes verwandelt, und vergleichen sollte man es nicht mit Libyen oder Nordkorea, sondern mit der Sowjetunion der frühen 1980er Jahre. Ganz genauso hatte diese damals alle Ressourcen und allen Respekt verspielt und alle Verbündeten verloren. Ohne Kraft, globale Probleme zu lösen, betrieb sie eine desaströse Außenpolitik, vom Wettrüsten bis zum Afghanistan-Krieg. Ihre weltweiten Ansprüche und ihre Träume von verlorener Größe – äußerlich aufgedonnert, aber innen hohl – waren lachhaft, und so verwandelte sich die Sowjetunion in einen Gefechtskopf, vollgestopft mit Schutt, in ein Denkmal ihrer selbst. Man glaubte, es sei für immer und ewig standfest – bis es plötzlich, in einem einzigen Augenblick, zusammenstürzte. „Es war für ewig, bis es denn vorbei war“ – so heißt es in einem aktuellen Buch von Alexei Yurchak zum Zerfall der UdSSR. Das Ende derartiger Projekte kommt immer unerwartet, es hat immer etwas Läppisches, und aufhalten lässt es sich nie.